Schrottkiste zu vermieten - Rent a Wreck

Autovermietung gibt es weltweit wie Sand am Meer. Doch anders als bei Sixt, Avis, Alamo oder Europcar vermietet Rent a Wreck Schrottkisten an jedermann.

Die Firmenbezeichnung Rent a Wreck ist bei Dave Schwartz Programm. Der fast 80jährige betreibt seit mehr als 40 Jahren im Westen von Los Angeles eine Autovermietung der ganz besonderen Art. Das dreifarbige Firmenlogo an der kleinen Bürobude am Pico Boulevard ist heruntergekommen – genau wie die Autos. Wer an dem umzäunten Platz vorbeifährt könnte meinen, hier gäbe es eine Autoverwertung oder einen Teilehandel. Doch nichts von alledem. Dave Schwartz vermietet Autos – zumeist älteren Baujahrs und ziemlich heruntergekommen. Der Erfolg kann sich sehen lassen. Die Kunden stehen Schlange.

Angefangen hatte die Erfolgsgeschichte vor einem halben Jahrhundert ganz anders. Dave Schwartz wollte seinem Vater zeigen, wie man ein erfolgreiches Geschäft betreibt und eröffnete mit großem Enthusiasmus den Gebrauchtwagenhandel „Bundy Autosale“. Doch die Kunden nahmen den billigen Autohandel noch nicht einmal wahr, als Bundy es etwas spezieller mit alten Kisten und dem neuen Namen „Bundy very used cars“ versuchte. Die Klapperkisten standen sich unverändert die Reifen am Pico Boulevard platt. „Eine junge Studentin aus Harvard brauchte damals für zwei bis drei Monate ein Auto hier in L.A.“, erinnert sich der weißhaarife Amerikaner, „obwohl ich ihr abriet, kaufte sie einen alten Conair – und blieb am nächsten Tag liegen.“ Sie tauschte den Wagen bei Schwartz in ein weniger anfälliges Auto um. Man einigte sich, diesen nach knapp drei Monaten wieder zurückzubringen. Dave Schwartz: „Als sie wieder zurückkam, war sie begeistert. Seither vermiete ich meine Gebrauchtwagen.“

So sieht der erste Teil einer Erfolgsstory aus. Denn was bringt ein nettes Geschäftsmodell, wenn niemand von der Firma weiß. Dave Schwartz hatte einen Geistesblitz, eine einzige Kundin und keinerlei Geld für Werbung. So kam Schwartz an einem sonnigen Samstagnachmittag auf die Idee, seiner Autovermietung den Namen „Rent a Wreck“ zu geben. Mehr Spaß als Ernst pinselte er in großen Buchstaben den entsprechenden Schriftzug an sein kleines Firmengebäude. Schwartz: „Am Montagmorgen stand der Fernsehsender CBS vor meinem Tor und wartete bereits auf mich. Die wollten eine Reportage über meinen Laden mit dem abgefahrenen Namen machen. Der Rest ist Geschichte.“ Seither betreibt Schwartz unter dem Firmennamen „Rent a Wreck“ eine der erfolgreichsten Autovermietungen in den USA. Längst gibt es Filialen in vielen Städten der USA und selbst in Skandinavien kann man sein ganz persönliches Wrack mieten.

Wer die gewöhnlichen Autovermietungen mit ihren hell erleuchteten Countern wie Avis, Budget oder Hertz kennt, an denen lächelnde Mitarbeiter in bunter Arbeitskleidung Kunden mit Angeboten und vertraglichen Fußangeln verwirren, wird bei Rent a Wreck seinen Augen nicht trauen. Das Büro im Innern des kleinen Bungalows ist genauso heruntergekommen wie die Autos. Schwartz ist unrasiert, trägt ein altes Schlabber-Shirt und Turnschuhe: „Bei uns gibt es weder Anzüge noch Krawatten. Aber wir haben den besten Service.“ Für den nächsten Kalifornien-Urlaub hat Schwartz und sein 15köpfiges Team sicher das rechte Auto im Angebot. Doch einen neuen Chevrolet Impala oder einen Sonnencabrio vom Typ Chrysler Sebring braucht man am Pico Boulevard nicht zu suchen.

Hier steht ein verblichener Ford Mustang, da ein verrosteter Chevy, ein wenig ansehnlicher Kia Pride und ein Stück weiter ein in die Jahre gekommener Cadillac Eldorado – in rosa. Kein Autofriedhof, sondern das fast unüberschaubare Mietwagenportfolio des Dave Schwartz. Besonders bitter sieht es für einen blauen Buick aus, dessen Lackfarbe neben allem Rost kaum mehr zu erahnen ist. Bei dem Oldsmobile nebenan hat sich das Vinyldach schon vor Jahren aufgelöst. „Mein ältestes Mietauto ist ein Plymouth Vaillant Convertible aus dem Jahre 1965“, erzählt Dave gewohnt kurz angebunden, „aber da sind noch eine ganze Reihe anderer alter Autos. Wir haben aber auch neue.“ Tatsächlich, neben dem Büro stehen eine Handvoll aktueller Kia Spectra; daneben ein paar Hyundai Accent in weiß und silber. „Das sind wirklich tolle Autos“, berichtet Schwartz begeistert, „da ist nichts dran. Die fahren klasse und sind nie kaputt.“

Die meisten Mietwagenkunden kommen einfach vorbei und mieten sich für ein paar Tage einen fahrbaren Untersatz zum Schnäppchenpreis. Online ist kaum etwas zu machen. Wieder einmal sind die Server mit dem Buchungssystem ausgefallen. „Machen wir alles am Telefon. Unsere Autos kosten im Vergleich zu den normalen Vermietungen rund die Hälfte“, lächelt Schwartz während er sein Asia-Essen am unaufgeräumten Schreibtisch futtert. Hinter ihm stapeln sich in alten Kartons die Mietkontrakte der letzten Jahre. Nach wie vor verkauft Dave Schwartz einige seiner Autos. Zudem sind die lokalen Filmstudios gute Kunden. „Die meisten der Hollywood-Stars haben schon bei mir gemietet“, erzählt Dave Schwartz gewohnt gelangweilt, „und es dürfte wohl kaum einen Werbespot geben, in dem nicht irgendwelche Autos von mir mitfahren.“ Ein eigenes Auto haben Schwartz und seine junge deutsche Frau aus der Nähe von Frankfurt übrigens nicht. Geht es Richtung Venice Beach nach Hause oder zum Einkaufen, nimmt sich jeder einfach einen der unzähligen Rostbeulen auf dem Hof. „Bei mir läuft jeder Wagen wie eine eins. Auch wenn die Wagen nicht so aussehen. Ich kann mich in den letzten Jahren an keinen technischen Mangel erinnern.“