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Testbericht

19. Juni 2007
Haar, 19. Juni 2007 – Die altertümliche Teleskopantenne biegt sich bei 190 km/h zum Fiedelbogen. Mein alter Strich-Achter von 1975 nutzte auch so ein Gerät, um die elektromagnetischen Radiowellen einzufangen. Diese Antenne will so gar nicht zum Rest des Kia Sorento mit Sechszylinder-Benziner passen. Aber der Reihe nach. Südkoreanischer Hingucker Der Sorento ist kein scheues Wesen. Breit und kräftig wurde seine Karosserie gezeichnet und komplett auf europäischen Geschmack ausgerichtet. Und was in Europa gut aussieht, sieht überall gut aus. Besonders beim Gespräch mit jungen Familienvätern fällt mir auf, das quasi jeder sich schon einmal Gedanken darüber gemacht hat, das südkoreanische SUV (Sports Utility Vehicle) zu kaufen. Zum Beispiel ist der hintere Stoßfänger im Bereich der Heckklappe ausgeschnitten, was sich in einer niedrigen Ladekante niederschlägt. Da muss der Kinderwagen nicht mehr ganz so hoch gestemmt werden. Kann der schicke Wagen auch innen überzeugen? Versunken im Komfort Bei der V6-Variante lässt Kia es ausstattungsmäßig richtig krachen. So ist beispielsweise lederbezogenes Gestühl mit beheizbaren Vordersitzen Serie. Und bei den Sitzen gibt sich der Wagen aus Fernost amerikanisch: Weich sacke ich ins Polster. Bequemlichkeit geht hier vor Sportlichkeit. Und in Kombination mit der großartigen Raumfreiheit vorne und hinten ist der Wagen für das Bewältigen langer Strecken bestens geeignet. Das Fahrzeug ist so breit, dass es in der zweiten Reihe auch drei Personen gut nebeneinander aushalten. Wer allerdings hart um die Ecken wischt, der rutscht langsam seitlich aus dem Sitz, Seitenhalt ist nicht mit von der Partie.

Zugänglichkeiten Im Sorento kann man ordentlich Gepäck mitnehmen. Stehen die Sitze in Normalposition, lassen sich 441 Liter Gepäck verstauen, bei umgelegter Rückbank passt der Inhalt von 1.751 Maßkrügen bis unters Dach. Dabei ist der Kofferraum praktischerweise auch über die separat zu öffnende Heckscheibe erreichbar. Kleinkram verschwindet in einem Fach unter dem Kofferraumboden oder im Staufach in der Laderaumverkleidung. Unter dem Beifahrersitz versteckt sich eine kleine Schublade. Das gesamte Interieur wirkt hochwertig verarbeitet, der wilde Kia-Materialmix aus teuer und billig scheint der Vergangenheit anzugehören. Zu beleuchtende Kritikpunkte Trotzdem gibt es ein paar Kritikpunkte: Weder die Lichtschalter der Innenraumbeleuchtung noch die Lenkradtasten für Tempomat und Audio-Bedienung sowie die Taste für das elektrische Anklappen der Außenspiegel sind des Nachts beleuchtet. Hier muss man seinen Wagen gut kennen, um im Dunkeln nicht an den falschen Schaltern rumzumunkeln. Apropos dunkel: Der Lichtsensor ist so unempfindlich, dass er bei starker Dämmerung keinen Grund sieht, einen „Licht-an-Impuls“ zu senden. Wer verkehrssicher unterwegs sein will, knipst das Licht per Hand an. Des Weiteren erfordern die Sonnenblenden ein wenig Routine: Sie sind bis auf die zu den Fahrzeugaußenseiten zeigenden Enden komplett in den Dachhimmel eingebettet. Wer sie also aufklappen möchte, muss entweder ganz außen anfassen oder seinen Finger mit Vehemenz in den Spalt zwischen Dachhimmelpolster und Sonnenblendenrand klemmen. Noch ein Wort zum 2.051 Euro teuren Bildschirmnavi von Clarion: Die Kartendarstellung ist fantastisch, die Frauenstimme in ihrer Lustlosigkeit und Traurigkeit eine Zumutung. Außerdem steht die Dame mit der deutschen Grammatik auf Kriegsfuß, mein türkischer Döner-Verkäufer kann das dreimal besser. Und die Radiobedienung über die Minitasten ist äußerst fisselig.

Für draußen und richtig draußen Das Fahrwerk des Sorento kommt als klassisches SUV-Fahrwerk daher: Es muss einen Spagat zwischen On- und Offroadtauglichkeit hinlegen. Dieser Spagat gelingt noch am ehesten mit einem teuren Luftfahrwerk, welches der Sorento aber nicht bietet. Aber er schlägt sich wacker. Zwar wankt er sogar im Stand recht heftig, nämlich immer dann, wenn ein LKW vorbeirauscht, aber dies ist kein gefährliches Wanken. In Autobahnkurven ziehe ich mit 190 km/h, ohne ein mulmiges Gefühl zu bekommen. Das Fahrzeug neigt sich ein wenig und wird dann stabil. Der Federungskomfort geht in Ordnung, für die Frontpassagiere. Das SUV-Trampeln bei tieferen Schlaglöchern wird spätestens durch die weichen Sitze vernichtet. Hinten fühlt sich das anders an. Dort scheppern die Insassen zuweilen wie auf einer LKW-Pritsche. Zugegebenermaßen sind solche Momente selten, bei halbwegs normaler Straßenbeschaffenheit geht es auch den rückwärtigen Passagieren gut. Das harte Wegdonnern von Unebenheiten wird halt fürs Gelände gebraucht. Die Kraft der vier Räder Kia legt Wert darauf, dass der Sorento nicht nur geländegängig aussieht, sondern auch leichtes bis mittelschweres Terrain bewältigt. Dafür bekommt er in der V6-Version den permanenten Allradantrieb serienmäßig. Die Kraft wird je nach Bedarf in unterschiedlicher Stärke an alle vier Räder geleitet. Die Kupplungsscheiben der Mehrscheiben-Ölbadkupplung werden über eine elektronische Steuerung mehr oder weniger stark zusammengepresst. Dieses ATT-System (Active Torque Transfer) ist besonders im Schlamm von Vorteil, zumal der Unterboden an sensiblen Stellen mit „Skid-Plates“ genannten Schutzelementen ausgestattet ist. Und für starke Steigungen und bodenloses Gefälle lässt sich per Drehregler sogar eine Untersetzung zuschalten. So ist der Sorento im Vergleich zum SUV-Durchschnitt recht gut fürs Gelände gerüstet. Den Vergleich mit echten Geländekämpfern muss er aber scheuen: Bietet er beispielsweise einen Böschungswinkel vorn von 27,9 und hinten von 26,4 Grad, so bringt es der Land Rover Defender auf jeweils 47 Grad und der VW Touareg immerhin noch auf 33,2 Grad vorne und hinten. Mit sperrbaren Differenzialen wurde der Sorento nicht ausgestattet. Für einen seiner direkten Konkurrenten, den Chevrolet Captiva, werden aber noch nicht einmal Geländewerte angegeben.

Leiser Spaß Seit Dezember 2006 kann im Sorento ein neues Sechszylinder-Benzinherz schlagen. Aus den 3,3 Litern Hubraum entstehen 243 Pferdestärken, 49 mehr als im 3,5 Liter großen Vorgängeraggregat. Das manierliche Drehmoment von 307 Newtonmetern hilft bei der Absolvierung des Sprints von null auf hundert in 9,2 Sekunden – alles unter zehn Sekunden ist für ein SUV gut. Dabei bleibt der Motor auffällig leise, was ebenfalls auf der Habenseite für guten Reisekomfort steht. Erst ab 4.500 Umdrehungen pro Minute wird er etwas lauter, bei 5.000 Touren liegt dann eine jede Unterhaltung unmöglich machende Lautstärke an. Aber soweit kommt es nur, wenn man auf der Autobahn schnell unterwegs ist. Ich habe das ausprobiert. Großer Vielfraß Tatsächlich lassen sich lange Strecken mit der Höchstgeschwindigkeit von 190 km/h stundenlang durchhalten. Die Rechnung stellt dann der Tankwart: 16,9 Liter Super pro hundert Kilometer wollen bei den heutigen Spritpreisen erst mal bezahlt sein. Wer vernünftig bleibt und gesittet übers Land fährt, kommt mit 8,9 Litern aus. In der Stadt sind dann aber wieder stattliche 14,2 Liter Kraft-Saft fällig. Dafür werde ich aber an jeder Kreuzung mit heftigem Anzug belohnt. So paradox es klingen mag, der Sechszylinder ist von seinen Leistungsdaten her ein guter Stadtmotor, um den großen Wagen durch die urbane Welt zu bewegen. 258 Gramm CO2 pro Kilometer sind die klimaerwärmende Kehrseite der Medaille. Fünf Gänge für den Weg Serienmäßig kümmert sich eine Fünfgang-Automatik um die Verarbeitung der Kraft. In den unteren Gängen fließen die Stufen sacht dahin. Bevor es aber vom vierten in den fünften Gang geht, wird laut hochgedreht. Wer dies weiß, nimmt kurz den Fuß vom Gas und gibt der Automatik die Chance, etwas eher zu schalten. Alternativ kann auch in der parallel zum Automatik-Schaltkanal liegenden manuellen Schaltgasse per Hand geschaltet werden. Die funktioniert problemlos, kann aber den Spaß an einer Handschaltung bei bergiger Kurvenfahrt nicht ersetzen. Ganz nebenbei schließt sich Kia einem sich abzeichnenden Trend an: Der höchste Gang wurde mit 0,825 lang übersetzt, was wenigstens eine kleine Spritersparnis auf der Autobahn einbringen soll.
Technische Daten
Antrieb:permanenter Allradantrieb
Anzahl Gänge:5
Getriebe:Automatik
Motor Bauart:Reihen-Ottomotor
Hubraum:3.342
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:6
Leistung:182 kW (248 PS) bei UPM
Drehmoment:307 Nm bei 4.500 UPM
Preis
Neupreis: 38.100 € (Stand: Juni 2007)
Fazit
Wer Platz braucht, eine hohe Sitzposition bevorzugt und auf die Laufruhe und Dynamik eines Sechszylinders nicht verzichten möchte, der kann zum Kia Sorento 3.3 V6 greifen. Wer das mit seinen Vorstellungen von Umweltschutz nicht vereinbaren kann, lässt halt die Finger von dem Wagen.

Der Einstiegspreis von 38.100 Euro geht angesichts der Quasi-Komplettausstattung und der echten Geländefähigkeit in Ordnung. Der Chevrolet Captiva 3.2 kostet mit ebenfalls hervorragender Ausstattung zwar nur 36.900 Euro, hat dafür aber 18 PS weniger und keine echten Geländeeigenschaften. Außerdem ist der Sorento ein gern gesehener Sympathieträger, auf den die Leute durchweg positiv reagieren – nicht ganz unwichtig in einem Land, wo das Auto längst zum zweiten Ich geworden ist.
Testwertung
4.5 von 5

Quelle: auto-news, 2007-06-19

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