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Testbericht

Stefan Grundhoff, Los Angeles, 7. August 2008

Allen Unkenrufen zum Trotz wollen die Amis auf ihre Dickschiffe nicht verzichten. Der Mega-SUV GMC Yukon zeigt, wie es geht: 3,2 Tonnen schwer und 5,13 Meter lang verbraucht er kaum mehr als elf Liter Normal.

In den Entwicklungsabteilungen Europas, Asiens und der USA glühen seit Monaten die Rechner. Jeder sucht nach der Quadratur des Kreises – will den Wunsch nach Größe und Leistung mit einem vernünftigen Verbrauch und minimalen Abgasen kombinieren. Ausgerechnet die nicht gerade als innovativ bekannten Amerikanern sind dabei den deutschen Premiumherstellern einen mächtigen Schritt voraus: Die Nobel-Drillinge Cadillac Escalade, Chevrolet Tahoe und GMC Yukon sind seit einigen Monaten mit Hybridantrieb zu bekommen.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen - und fahren. Der einzige Unterschied von außen: ein kleines grünes "H" auf C-Säule und Heckklappe des GMC Yukon. Wer will, bekommt zusätzlich einen imageträchtigen "Hybrid"-Schriftzug auf das untere Türsegment geklebt. Das gute Gewissen ist serienmäßig. Nicht nur Öko-Anhänger haben die großen SUV zu ihren Lieblingsfeinden auserkoren. Doch so sehr die einen schimpfen: Die anderen genießen grenzenlosen Komfort und Platzverhältnisse in den Dickschiffen. General Motors will als einer der ersten zeigen, dass effiziente Groß-SUV und sparsame Verbräuche kein Widerspruch in sich sind. "Die Amerikaner lieben große SUV. Ihren Platz, die Kraft und die Vielseitigkeit – doch sie hassen den Verbrauch", erklärt Bob Walczyk, bei Chevrolet als Produktsprecher für die Baureihen Tahoe, Suburban und Avalanche verantwortlich. Seit Jahresbeginn bieten Chevrolet und GMC mit Tahoe und Yukon ein effizientes Doppelpack an. Der Hybridantrieb selbst ist platzsparend in der - zugegeben betagten - Viergangautomatik untergebracht. Bis zu einer Geschwindigkeit von 25 Meilen pro Stunde fährt der 3,2 Tonnen schwere Koloss lautlos mit elektrischer Energie. Der 300-Volt-Akkupack befindet sich versteckt unter der riesigen Rückbank. Der ebenfalls alles andere als klein dimensionierte Laderaum ist somit ebenso ohne jede Einschränkung nutzbar wie die dritte Sitzreihe.

Im Fahrbetrieb macht sich der Unterschied zwischen Hybrid und Standardmodell nach wenigen Metern bemerkbar. Denn das Anfahren geschieht nicht nur ungewohnt kraftvoll, sondern auch rein elektrisch und somit geräuschlos. Auf dem zentralen Multifunktionsdisplay und einer kleinen Runduhr neben dem Tacho lässt sich der aktuelle Energiefluss ablesen. Zwei Elektromotoren mit bis zu 68 PS Leistung sind für den langsamen Fahrbetrieb und als Booster gedacht. Beim starken Beschleunigen auf Autobahn oder Landstraße springen sie dem sechs Liter großen V8-Triebwerke imposant zur Unterstützung bei: Das tonnenschwere Ungetüm spurtet Dank einer Leistung von 332 PS und 500 Nm Drehmoment von 0 auf 100 km/h in eindrucksvollen 8,2 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit wird auf dem US-Markt bei 170 km/h elektronisch abgeregelt.

Der neue Hybridantrieb im Chevrolet Tahoe soll dafür Sorge tragen, dass der gerade in der Innenstadt überdimensionale Kraftstoffdurst auf ein erträgliches Maß sinkt. Walczyk: „Unser Tahoe Two-Mode-Hybrid verbraucht in der Innenstadt nicht mehr als die Mittelklasselimousine Toyota Camry. Und das, obwohl der Wagen 3,2 Tonnen wiegt und Platz für bis zu acht Personen bietet.“

Nach einer Fahrtstrecke von über 3.200 Kilometern im Testwagen zeigt sich, dass General Motors keine leeren Versprechungen gemacht hat. Endlose kalifornische Highways, bergige Landstraßen, Pässe bis über 3.300 Meter Höhe und die stauträchtigen Innenstädte von Los Angeles und San Francisco sorgten für einen Durchschnittsverbrauch von gerade mal 11,2 Litern (20,2 Meilen pro Gallone). Das ist nur etwas mehr als die ambitioniert klingende Werksangabe von 21 Meilen pro Gallone (3,8 Liter). Und das heißt: Im Vergleich zum schluckfreudigen Zwilling ohne Hybridmodul spart der Yukon durch Elektroantrieb, regeneratives Bremssystem und Teilabschaltung von vier Zylindern mehr als 30 Prozent Sprit. Im nervigen Innenstadtverkehr sind es sogar mehr als 40 Prozent. Der Durchschnittsverbrauch ist in der Innenstadt nahezu auf dem gleichen Niveau wie auf Landstraßen und Highways – das bietet kaum ein anderer. Und es macht sich an der Zapfsäule deutlich bemerkbar: Mit einem vollen Tank lassen sich bis zu 500 Meilen zurücklegen.

In Sachen Fahrdynamik ist es für den Yukon so oder so nicht zum Besten bestellt. Die Dämpfung ist nach europäischen Maßstäben zu schwammig, aber ungemein komfortabel. Bei Bodenwellen und kurvenreichen Pisten kann der Yukon sein Lebendgewicht nicht verheimlichen. Die knapp 200 Kilogramm Mehrgewicht, die der Hybridantrieb bringt, wurden anderswo nahezu vollständig eingespart. Sitze und Dämpfungselemente sind dünner als gewohnt und die Passagiere müssen auf Komfortextras wie eine elektrische Heckklappe, Sitzlüftung und eine elektrische Bedienung der dritten Sitzreihe verzichten. Trotzdem gibt es für die zweite und dritte Reihe eine getrennte Klimaregelung und ein separates Soundsystem.

War der Hybrid-Yukon anfangs nur als Hecktriebler zu bekommen, so wurde schnell nachgelegt. Sowohl Chevrolet Tahoe als auch GMC Yukon sind seit wenigen Wochen auch mit Allradantrieb zu haben. Nach den Sommerferien folgt der Cadillac Escalade, der auch in Deutschland angeboten wird. Auch er bekommt einen Hybridantrieb, der den 6,2 Liter großen Achtzylinder mit 403 PS zum Sparmeister der Luxusliga machen soll. Auf dem deutschen Markt soll das ab Frühjahr 2009 ebenfalls keine Zukunftsmusik mehr sein. Zwar werden weder GMC Yukon noch der bauähnliche Chevrolet Tahoe oder die Langversion Suburban in Deutschland angeboten. Doch die Hybridtechnik der Giganten kommt dennoch auch nach Deutschland. Cadillac-Sprecher Manfred Daun: "Bei uns wird der neue Cadillac Escalade Hybrid zum Anfang 2009 verfügbar sein." Sein Verbrauch soll - trotz Vollausstattung und Platz im Überfluss - auf rund zwölf Liter Super pro 100 Kilometer sinken.

In den USA gibt es die Hybridtechnik zu einem fairen Preis. In der sehr kompletten Basisausstattung kostet der heckgetriebene GMC Yukon Hybrid knapp 51.000 US-Dollar (das entspricht rund 33.000 Euro). Der Allradler ist knapp 3.000 Dollar teurer. Die Saubermann-Technologie lässt sich GMC dabei mit einem Aufpreis von rund 12.000 Dollar bezahlen - die normalen Yukon-Modelle liegen preislich zwischen 37.000 und 41.500 Dollar. Um die Ersparnis herauszufahren, muss man einige tausend Meilen zurücklegen. Bleibt abwarten, wie teuer die Hybridtechnik für den Cadillac Escalade in unseren Breiten wird.

Testwertung
3.5 von 5

Quelle: Autoplenum, 2008-08-07

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