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Autoplenum, 2010-04-27

Toyota Prius Plug-in - Ver-Steck-Spiel

Testbericht

Stefan Grundhoff

Sonntagmorgen, halb zehn im Herzen von Tokio. Die Straßen sind leer –
wie sonst fast nie in der Millionenstadt. Ideale Bedingungen für die erste
Testfahrt mit dem Toyota Prius Plug-in.

Wohin könnte ein Toyota Prius besser passen als in die überfüllten
Straßen der japanischen Megacity? Sonntagmorgens allerdings ist die Welt selbst in Tokio
für Autofahrer noch in Ordnung. Der ebenso bunte wie nervenaufreibende
Verkehr nimmt erst langsam zu. Der Prius, polarisierender Hybridpionier,
ist seinen Kinderschuhen längst entwachsen. Mittlerweile steht die dritte
Generation im weltweiten Handel. Das wenig schmuckvolle Design ist
geblieben, doch jetzt geht Toyota in die Vollen. Denn so wenig sich das
hellblaue Testfahrzeug optisch von der aktuellen Generation von der
Stange unterscheidet – es ist ein völlig anderes Auto. Denn die ersten
Testflotten von Prius-Modellen mit Plug-in-Hybrid bevölkern die Straßen
von Tokio. Bald sollen die Städte in Europa und den USA folgen.

Toyotas Plug-in-Hybrid basiert auf dem normalen Prius, verfügt aber
zusätzlich über eine elektrische Lademöglichkeit am vorderen linken
Kotflügel. Hier sitzt ein zweiter Tankeinfullstutzen, dem jedoch an der
normalen Zapfsäule keinerlei Bedeutung zukommt. Dafür lässt sich der
Plug-in-Prius per mitgeführtem Stromkabel an einer Ladestation mit
Strom befüllen. „Hier in Tokio gibt es aktuell rund 100 solcher
Stromzapfsäulen“, erzählt Projektmanager Ryuzo Oshita, der in den
Plug-in-Modellen bereits unzählige Kilometer zurückgelegt hat, „der
Ladevorgang dauert je nach Spannungsversorgung zwischen 100 und
knapp 200 Minuten.“ Wer zu seinem Prius kommt, zieht den
Stromstecker ab, schließt die Abdeckung und startet den geräuschlosen
Elektromotor per Knopfdruck. „Mit einem komplett vollen Akku hat der
Plug-in-Prius eine Reichweite von exakt 23,4 Kilometern“, ergänzt
Hisashi Nakai, bei der Toyota Motor Corporation für die technische
Entwicklung des Prius zuständig, „die reale Reichweite hängt natürlich
von den äußeren Rahmenbedingungen ab.“

Unterwegs Richtung Tokios Regierungsviertel surrt der Plug-in-Prius
sanft vor sich hin. Erst langsam nimmt an diesem Morgen der Verkehr zu.
Als es kurz auf eine Beschleunigungsspur geht und der blaue Saubermann
Vollgas bekommt, setzt der Verbrennungsmotor ein. Die Beschleunigung
ist wenig dynamisch, doch so recht stört das in einer überfüllten
Innenstadt wie Tokio kaum jemanden. Die Reichweitenanzeige des Akkus
zeigt immerhin noch 17,6 Kilometer an, als sich der 98 PS starke
Vierzylinder mit seinen 1,8 Litern Hubraum wieder dezent zurückzieht
und dem Elektromotor die ganze Arbeit des Vortriebs überlässt. Der
Elektromotor des Plug-ins leistet 60 KW / 80 PS und 207 Nm maximales
Drehmoment. Die maximale Gesamtleistung ist auf 136 PS beschränkt.
„Im Elektromodus liegt die Höchstgeschwindigkeit bei 100 km/h“,
erläutert Ryuzo Oshita, „danach schaltet sich wie beim starken Beschleunigen der Verbrennungsmotor dazu. Dann liegt die Höchstgeschwindigkeit des Prius Plug-in bei 180 km/h.“

0 auf 100 km/h schafft der Japaner in wenig sportlichen 11,4 Sekunden.
Gründe hierfür sind insbesondere das Leergewicht von über 1,5 Tonnen
und das allzu träge, stufenlose Automatikgetriebe. Doch nicht nur um im
Verkehr Richtung Kaiserpalast mitzuschwimmen, ist die Leistung des
neuen Prius mehr als ausreichend – auch weil die Zahl der Autos mittlerweile
deutlich zugenommen hat. Sanft rollt der Prius an die nächste rote Ampel heran.
Beim Umspringen auf grün ist der E-Motor ohne Verzögerung wieder
präsent. Der Verbrauch, den Toyota für den Plug-In-Prius angibt, dürfte
der Konkurrenz dann auch einige schlaflose Nächte bereiten: 2,6 Liter
Super auf 100 Kilometer im europäischen Fahrzyklus sind eine wahre
Hausnummer. Macht einen CO2-Ausstoß von gerade einmal 59 Gramm pro
Kilometer.

Auf dem Navigationsbildschirm im Armaturenbrett sind nicht nur Straßen
und Staumeldungen, sondern auch die lokalen Elektrotankstellen zu
erkennen. Von innen und außen unterscheidet sich der Plug-In-Hybrid
nur durch die zweite Tankklappe am vorderen Kotflügel. Zudem steht
nicht das ganze Kofferraumvolumen zur Verfügung, da die Lithium-Ionen-
Akkus mit einem Fassungsvermögen von 5,2 kWh unter dem leicht
erhöhten Ladeboden versteckt sind.

Zu kaufen ist der Toyota Prius Plug-in derzeit weder in Japan noch
in den USA oder Europa. „Hier bei uns in Tokio testen wir den Wagen
derzeit mit Flottenkunden“, berichtet Ryuzo Oshita, „gegen eine
entsprechende Leasinggebühr. Es geht darum, Erfahrungen beim Betrieb
der Plug-In-Technik zu sammeln.“ Doch nicht nur in Tokio und Umgebung
können Behörden, Wirtschaftsverbände, Universitäten und Ministerien
rund 230 Modelle des Zukunftshybriden testen. Weitere 150 Testmodelle
kommen in die USA, während in Straßburg derzeit eine Flotte von
100 Plug-In-Prius-Modellen installiert wird, die drei Jahre in einem Testlauf
unterwegs sind. Hier soll es um Möglichkeiten von Ladung,
Einsatzmöglichkeiten und Abrechungsmodellen gehen. Nur eine Handvoll
Fahrzeuge wird noch in diesem Jahr auch zu Alltagstests nach
Deutschland kommen.

Quelle: Autoplenum, 2010-04-27