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Testbericht

Sebastian Viehmann, 11. Juli 2011
Der gute alte Käfer ist im Establishment angekommen. Breit, satt und zufrieden wirkt der neue Beetle. Mit GTI-Motor wird er gar zum flinken Kugelblitz. Der Beetle ist das perfekte Auto für – ja, für wen eigentlich?

Was für ein Wagen! Die Passanten winken einem freundlich zu, selbst Kampf-Radler machen respektvoll Platz und lächeln. Der Käfer ist ein echter Sympathieträger. Das Original zumindest: Zur Einstimmung auf den neuen VW Beetle geht es mit einem Käfer Exportmodell von 1958 durch Berlin-Mitte. Der 30 PS-Motor im Heck müht sich redlich, das Bakelit-Lenkrad ist dürr wie ein Hühnerknochen und die kleinen Dreiecksfenster ersetzen mehr schlecht als recht die Klimaanlage. Kinderleicht fährt sich die Kult-Kugel. Der Boxermotor klingt hell, kräftig und unternehmungslustig, wie eben nur ein Käfer klingt.

Und jetzt kommt der neue Beetle. „Ein echter Hingucker, ein Charaktertyp“, schwärmt VW-Chef Martin Winterkorn bei der Fahrpräsentation in Berlin. „Der wird das Lifestyle-Segment ordentlich aufmischen und neue Kunden ansprechen“, schiebt er hinterher. Gleichzeitig pochen die Wolfsburger auf den Retro-Charme des Autos, beschwören die Käfer-Historie und wollen offensichtlich den Erfolg eines Mini oder Fiat 500 wiederholen. Nicht umsonst entspricht die Dachform des Beetle fast dem Original-Käfer. „Kein anderes Auto hat derart positiv aufgeladene Linien“, sagt Produkt-Sprecherin Daniele Heuser zum Käfer-Design.

Der Umstieg vom Käfer auf den Beetle beginnt allerdings mit einem Schock: Ist die Straße plötzlich geschrumpft? Zwei Meter breit ist der Wagen, 4,3 Meter lang und 1,4 Tonnen schwer. Da ist kein Platz mehr in der kleinsten Lücke. Der Motor sitzt natürlich vorn, schließlich kommt die Technik vom Golf, und leistet satte 200 PS (147 kW). Das Zweiliter-Turboaggregat bildet auch die Basis für den Golf GTI, seine Power macht beim kugelrunden Käfer einen kleinen Heckspoiler nötig. Mit rotlackierten Bremssätteln in der Sport-Ausstattung, feschen Felgen – auf Wunsch bis zu 19 Zoll groß – und breit ausgestellten Kotflügeln sieht der neue Beetle längst nicht mehr so harmlos aus wie sein Vorgänger New Beetle, vom Käfer ganz zu schweigen.

Mit einem Mords-Anzug prescht der Beetle los, das automatische Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe flutscht nur so durch die Gänge. Bei geöffnetem Sonnendach kann man den kräftig-kernigen Motorsound genießen, der durch Modifikationen in der Abgasanlage tatsächlich ein bisschen nach Käfer klingt. In schnellen Kurven liegt der breitbeinige Beetle gut auf der Straße, wenn er auch von der Fahrdynamik eines Golf GTI weit entfernt ist. Die Lenkung könnte direkter sein, sein Gewicht kann der Wagen auch nicht ganz verhehlen.

Doch Power ist beim Beetle Programm. „Der Fahrspaß steht im Vordergrund. Junge Leute sind unsere Zielgruppe, sowohl Frauen als auch Männer“, sagt Produkt-Sprecherin Daniele Heuser. VW-Chef Winterkorn ließ auf der Beetle-Pressekonferenz schon mal durchblicken, dass 200 PS nicht das Ende der Fahnenstange sind. Ein strammes R-Modell dürfte also bald in den Startlöchern stehen. Andersherum geht es natürlich auch: Das Basismodell mit 1.2 TSI-Turbomotor hat 105 PS, eine 160 PS-Version sowie ein Diesel-Beetle mit 105 bis 140 PS und Bluemotion-Technik werden nachgereicht. Der Selbstzünder hat eine Start-Stopp-Automatik an Bord und verbraucht im Schnitt 4,3 Liter pro 100 Kilometer. Das könnte einer weniger jugendlich-lifestylisch-sportlich angehauchten Zielgruppe vielleicht besser gefallen.

„Kult allein macht noch kein gutes Auto“, sagt VW-Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg, und da hat er wirklich recht. Der Innenraum des Beetle hinterlässt nämlich gemischte Gefühle. Die Kunststoffe und Materialien wirken zum Teil nicht so hochwertig wie im Golf, die Blindschalter neben dem Warnblinker sind wacklig. In den Türen dienen simple flexible Kunststoffbänder als Flaschenhalter, was immerhin ganz praktisch ist. Überzeugend sind die straffen Sitze, die übersichtlichen Armaturen und das ordentliche Platzangebot. Vorn sitzt man als Erwachsener sehr bequem, hinten so lala. Der Kofferraum ist mit 310 Litern schön groß, für ein Lifestyle-Auto jedenfalls. Mini oder Fiat 500 sind hier deutlich knapper bemessen.

Der Beetle kostet mindestens 16.950 Euro (105 PS, Sechsgangschaltung). Zur Serienausstattung der Basisversion Beetle gehören unter anderem ESP, CD-Radio und elektrische Fensterheber, aber keine Klimaanlage. Das Modell Design ist ab 17.925 Euro zu haben, das gut ausgestattete Top-Modell Sport mit 200 PS und Sechsgang-DSG kostet 27.100 Euro.

Übrigens: Falls ein Passant partout nicht glauben will, dass dieser Beetle der neue Käfer ist, wartet Abhilfe in der Aufpreisliste. Für 49 Euro prangt ein „Käfer“-Schriftzug auf der Kofferraumklappe. „Volkswagen“ geht auch. Dann weiß man, was man hat.
Testwertung
4.0 von 5

Quelle: Autoplenum, 2011-07-11

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