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Autoplenum, 2010-07-27

Wohnmobile im Trend - Freiheit auf Rädern

Testbericht

Susanne Kilimann

Wohnwagen oder Wohnmobil erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit
bei Deutschlands Urlaubern. Fast eine Million Freizeitfahrzeuge sind
bundesweit registriert. Mit der schlichten Campingkugel von einst haben
heutige Freizeithaftzeuge allerdings nicht mehr viel gemein.

Anfangs heißen sie „Comtesse“, „Kurfürst“ oder „Diplomat“. Die Namen
der Wohnanhänger, mit denen Deutschlands Camping-Pionierein den
Fünfziger Jahren über die Alpen ziehen, sind weit imposanter als die
schlicht möblierten Mobil-Quartiere selbst. Viel Gewicht dürfen die
Anhänger auch nicht auf die Waage bringen. Denn sie müssen von
Volkswagens Käfer, dem Prinz von NSU oder anderen Zugmaschinchen mit
sehr begrenzter Leistung sie ins Schlepp genommen werden. Doch die
Deutschen sind begeistert von der Unterkunft auf Rädern. Sie macht den
Urlaubstraum von Bella Italia erschwinglich. Auch für Normalverdiener mit
Kind. Campingküche und Konservenproviant reduzieren die
Verpflegungskosten der Urlauber auf ein Minimum. Zudem ersparen Muttis
Kochkünste am Propangaskocher den kleinen und großen Teutonen
ungewollte Abenteuer kulinarischer Art. Für Pizza und Pasta ist in jenen
Jahren längst noch nicht jeder deutsche Gaumen bereit.

Ein halbes Jahrhundert später ist die Freunde der Deutschen an Caravan &
Co. ungebrochen. Mag der Urlaub auf dem Campingplatz, mit Skatabenden
im Vorzelt und Kaffeeseligkeit am Klapptischchen für die einen auch
Inbegriff der Spießeridylle sein, für eine riesige Fangemeinde ist Camping
nicht nur günstige Alternative zu den Pauschalarrangements der
Reiseveranstalter, sondern die Idealform des Reisens schlechthin. Ob
Steinhuder Meer oder Atlantikküste, Bornholm oder Costa Brava - die
Caravangemeinde schlägt ihre Zelte auf, wo es ihr gefällt. Und wenn die
Platznachbarn nerven, der Himmel tagelang voll grauer Wolken hängt oder
das Fernweh zu neuen Zielen lockt, zieht man einfach weiter.

Zwischen den spartanisch ausgestatteten Campingkugeln der frühen Jahre
und dem Komfort, den Wohnwagen und Wohnmobile heute bieten, liegen
vielfach Welten. Mit geschickter Grundrissplanung und ausgetüfteltem
Einbaumobiliar werden über Rädern und Achsen erstaunlich komplette
Behausungen gebaut, mit Wohnraum, Schlafraum, Küche, Bad. Wo
Innenarchitekten nicht auf den Euro schauen müssen, können es die
asphalttauglichen Ferienquartiere in Sachen Eleganz und Komfort
durchaus mit ihren auf festem Fundament verankerten Pendants
aufnehmen. Mit edlen Materialien für Wohn- und Schlafmöbel,
ausgeklügelten Lösungen für Küche und Bad, raffinierten
Beleuchtungskonzepten und üppiger Unterhaltungselektronik werden im
Caravanbereich – das zeigen die einschlägigen Messen Jahr für Jahr - sogar
ständig neue Maßstäbe gesetzt.

Das Luxussegment der rollenden Ferienquartiere fängt jenseits der
100.000-Euro-Marke an. Die Preisskala ist allerdings nach oben offen, und
ein teil der Kundschaft gibt auch das Vier-, Fünf- oder Sechsfache dieser
Summe aus. Der niedersächsische Hersteller Vario Mobil hat im Krisenjahr
2009 das bis dahin teuerste Wohnmobil seiner Unternehmensgeschichte
verkauft – einen zwölf Meter langen Dreiachser mit 420-PS-Motor und
automatischem Zwölfganggetriebe. Über eine Million Euro kostete das
Vehikel. Für diese stolze Summe bringt es aber ein Schlafzimmer mit
Kingsize-Doppelbett, eine komplette Einbauküche und ein
Wellnessbadezimmer mit Platinarmaturen mit. Am Ziel wächst das mobile
Heim sogar über seine Reisemaße hinaus - drei ausfahrbare Erker sorgen
dann für maximale Beinfreiheit, sei es in der Polsterecke, sei es im Bett.

Weil man mit so einem 25 Tonner schwerlich Panoramatouren auf
kurvigen Küstenstraßen in Angriff kann und auch beim Brötchenholen im
nächsten Dorf mit hoher Wahrscheinlichkeit auf unlösbare Parkprobleme
stößt, nimmt so ein Wohnmobil der Extraklasse durchaus auch eine Garage
samt Zweitfahrzeug Huckepack. Oft gehen Fahrzeuge von Mini- oder
Smartgröße an Bord. Gelegentlich haben die Reisemobilbauer ihren
Luxuslinern auf Kundenwunsch aber auch schon Garagen für
Oberklassemodelle in den Bug geschoben.

In den Siebziger Jahren ließen immer mehr Hersteller den klassischen
Wohnanhänger mit dem Zugfahrzeug zur neuen Form des Reisemobils
verschmelzen. Dabei werden die Aufbauten mit dem wohnlichen
Interieur auf die Chassis gängiger Transportermodelle gesetzt. Im Jahr
1980 waren bundesweit aber gerade einmal 58.000 Wohnmobile
registriert. Inzwischen ist ihre Zahl auf weit über 300.000 Exemplare
angestiegen. Die Zahl der Wohnanhänger hat sich laut
Kraftfahrtbundesamt seit Jahren bei rund 600.000 eingependelt. Dabei
tauchen die Wohnfahrzeuge der Dauercamper, die in der Regel keine
Zulassung, in der Statistik gar nicht auf. Verglichen mit anderen Formen
der Urlaubsgestaltung haben Ferien im Reisemobil eine ganz passable
Öko-Bilanz. Berechnet man den Aufwand, der für Übernachtung und
Verpflegung betrieben wird, so fallen beim Urlaub mit Wohnwagen oder
Wohnmobil die mit Abstand geringsten Treibhausgasemissionen an. Zu
diesem Ergebnis kommt zumindest eine Studie, die das Öko Institut
2008 im Auftrag des Caravaning-Industrieverbandes durchgeführt hat.
Pro Nase und Nacht wird auf einem einfachen Stellplatz ein Kilogramm
C02 an die Umwelt abgegeben. Auf dem Campingplatz ist die Emissions-
Last zwar fünf mal so hoch, aber immer noch deutlich geringer als beim
Sommerurlaub im Hotel. Im europäischen Durchschnitt werden dort
nämlich zwölf Kilogramm Kohlendioxid pro Gast und Nacht produziert.

In seiner Eigenschaft als Transportmittel stehen heutige Wohnmobile
ebenfalls gar nicht schlecht da. Sind zwei Passagiere mit dem mobilen Mini-
Hotel unterwegs, liegt das CO2-Aufkommen pro Passagier und Kilometer
im Durchschnitt bei 149 Gramm. Gehen Vier gemeinsam auf große Fahrt,
reduziert sich der Wert auf 74 Gramm und liegt damit noch unter dem
Wert der Eisenbahn, für die laut Studie 80 Gramm pro Personenkilometer
zu veranschlagen sind. Ältere Fahrzeuge mit ungefiltertem Dieselruß
machen dagegen eine weniger gute Figur. Vielerorts werden ihnen deshalb
verschärfte Richtlinien für Umweltzonen zur Hürde. Für etliche Modelle gibt
es laut Caravaning Industrie Verband (CIVD) Nachrüstfilter, die das
Fahrzeug mit Euro I – Status (keine Plakette) auf Euro IV-Standard (grüne
Plakette) bringen.

Zu den Großen der Caravan-Branche gehört Erwin Hymer. Der 1930
geborene Maschinenbauingenieur arbeitete in den Fünfziger Jahren mit
dem Flugzeugkonstrukteur Claudius Dornier und war an der Entwicklung
der DO 27 beteiligt, dem ersten deutschen Flugzeug der Nachkriegszeit.
Nach dem Flugzeug kam ein Autoprojekt. Hymer entwickelte ebenfalls
für Dornier ein kleines Auto – den Dornier Delta. 1956 wandte sich einer
neuen Herausforderung zu – der Konstruktion von Freizeitmobilen. Auf
Hymers „Ur-Troll“ von 1957 basiert der aktuelle Hubdachcaravan des
Unternehmens, der mit gewissem Retro-Charme bei heutigen Campern
Kultstatus genießt. In den 1990ern hat Hymer seinem Unternehmen
namhafte Marken der Freizeitfahrzeugbranche einverleibt – Dethleffs,
Sunlight, LMC und TEC gehören dazu. In diesem Jahr feiert der
Fahrzeugbauer seinen 80. Geburtstag – und erfüllt sich einen lange
gehegten Traum. Am Sitz der Konzernzentrale entsteht derzeit das
„Erwin-Hymer-Museum“, in dem ab kommendem Jahr Reisemobile aller
Epochen zu sehen sein werden. Nicht nur Fahrzeuge der eigenen
Marken werden hier ein festes Plätzchen bekommen. Dem Caravan-
Pionier liegen nach eigenem Bekunden die Modelle längst vergessener
Hersteller am Herzen, und auch Camping-Vehikel aus der früheren DDR
werden seine Sammlung bereichern.

Quelle: Autoplenum, 2010-07-27
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