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Testbericht

23. Juli 2009
Balocco (Italien), 23. Juli 2009 - Es ist alles eine Frage der Temperatur: Die Anzeige im Alfa 8C Spider zeigt, dass der Motor mit 105 Grad seine optimale Betriebstemperatur erreicht hat. Meine Körperwärme liegt gefühlt mindestens genauso hoch, denn auf der rund 75 Kilometer westlich von Mailand gelegenen Alfa-Teststrecke in Balocco flimmert der Asphalt bei 34 Grad und ich sitze am Steuer des heißesten Alfas der letzten drei Jahrzehnte. Traditionspflege mal anders Doch der Reihe nach: Am Anfang stand der geschlossene Alfa 8C Competizione, dessen Cabrio-Version namens 8C Competizione Spider Anfang 2008 gezeigt wurde. Nun werden die ersten von nur 500 Exemplaren ausgeliefert, doch netterweise hat man bei Alfa noch zwei Stück zum Fahren übrig. Mit der Modellbezeichnung, die übrigens stets italienisch "Otto tschi" ausgesprochen wird, knüpft Alfa an die Tradition des Hauses an: In den 1930er- und 1940er-Jahren zierte die Abkürzung jene Renn- und Straßenmodelle, die mit dem leistungsstarken Achtzylinder aus der Feder von Vittorio Jano ausgestattet waren. Ein Spider zum Träumen Das Design des Alfa 8C Spider stammt aus der hauseigenen Designabteilung. Der erste spontane Gedanke: Das hätten Pininfarina oder Bertone auch nicht besser hinbekommen. Optisch erinnert der offene 8C an den berühmten Tipo 33 Stradale von 1967. Die sanft abfallende Motorhaube wird von zwei Sicken betont, die im markentypischen "Scudetto" zusammenlaufen. In den geschwungenen Kotflügeln befinden sich die serienmäßigen Bi-Xenon-Scheinwerfer, die dem 8C einen kraftvollen, aber nicht aggressiven Blick à la Audi R8 verleihen. Recht schlicht kommt die Heckpartie mit eingebauter Abrisskante daher. Zwei runde Rückleuchten informieren den restlichen Verkehr, ihr Design findet sich leicht angewandelt beim kleinen Mito wieder. Sicherlich lässt sich über Geschmack trefflich streiten, doch ich finde, dass die Formensprache des 8C Spider von schlichter Eleganz ist. Wäre dieses Design nicht auch etwas für den "normalen" Alfa Spider?

Mäßig erfolgreiche Abspeckkur Als ich mich für ein Foto an die Motorhaube des 8C Spider lehne, mahnt der Fotograf mich bereits zur Vorsicht. Ich merke schnell, warum: Die Karosserie besteht aus Kohlefaser und regiert sensibel auf menschliche Hinterteile. In Verbindung mit einem stählernen Chassis soll so eine hohe Torsionssteifigkeit ermöglicht werden. Trotzdem ist der schicke Italiener eher von kräftiger Statur: Bereits ohne Fahrer stehen 1.675 Kilogramm Leergewicht zu Buche. Zum Vergleich: Ein offener Ferrari F430 wiegt über 200 Kilogramm weniger. Nun gut, aber dafür befinden sich auch anständige 450 PS unter der 8C-Haube. Erstmals seit dem Montreal von 1970 gibt es wieder einen V8-Triebsatz in einem Straßen-Alfa. Das Kraftpaket mit 4,7 Liter Hubraum hat man aus dem großen Fiat-Konzernregal genommen, denn es arbeitet auch im Maserati GranTurismo und abgewandelt in Ferrari-Modellen. Speziell der Brückenschlag zu Ferrari wird seitens der Ingenieure gerne betont, denn der legendäre Firmengründer Enzo war Alfa-Rennfahrer und setzte vor 1945 auf die Modelle der Marke. Oper in zwei Akten Doch genug der Theorie, jetzt will ich endlich sehen, wie der 8C Spider klingt, fühlt und fährt. Ich nehme im hübsch eingerichteten Cockpit Platz: Kipp- und Drehschalter in Alu-Kulisse schmeicheln dem Auge und wecken den Spieltrieb im Manne. Alte Bekannte sind die Instrumente, deren Optik man aus dem Alfa 159 kennt. Mit einem feinen Unterschied: Hier endet der Tacho erst bei Tempo 330. Ich stelle den bequemen Sportsitz ein, lege die Hand auf das Lenkrad mit Kohlefaser-Applikationen und drücke den Startknopf. Was dann passiert, gleicht der Ouvertüre einer Verdi-Oper: Gierig brüllt der zur Fahrzeugmitte hin montierte Achtzylinder auf, als wolle er mit seinem Grollen sagen: "Hier bin ich, fahr mich richtig aus!" Unterwegs auf der Piste Natürlich kann ich dem Alfa diesen Wunsch nicht abschlagen und so geht es in Begleitung eines Ingenieurs in Richtung der firmeneigenen Teststrecke. Auf dem Weg dahin grummelt der 8C Spider gemütlich vor sich hin, während es Details zur Technik gibt. Durch Schaltwippen am Lenkrad wird das Sechsgang-Getriebe betätigt. Über Knöpfe auf der Mittelkonsole sind der Automatik- und der Sportmodus aktivierbar. Durch Zug an einer der Schaltwippen kann man die Gänge manuell wechseln. Zusätzlich gibt es einen "Wet"-Knopf für Regen und Schnee sowie die Möglichkeit das elektronische Stabilitätsprogramm namens VDC komplett zu deaktivieren. Ich entscheide mich zunächst für die Automatikschaltung plus Sport-Modus. Durch Letzteren soll der Wagen besser am Gas hängen und noch präziser lenken. Zudem greift VDC später ein.

Der Heldentenor legt los Die Motor-Getriebe-Einheit ist nach dem Transaxle-Prinzip ausgeführt, also Motor vorne und Getriebe hinten. So soll eine ausgewogene Gewichtsverteilung von 50:50 erreicht werden, das Zentrum befindet sich genau in der Fahrzeugmitte, dort wo der Fahrer sitzt. Zunächst fällt mir auf, wie komfortabel der 8C Spider abrollt. Erst auf sehr schlechter Piste dringen kurze Stöße durch. Dann geht es mit durchgetretenem Gaspedal ab auf die Strecke. Der Motor grollt etwas und presst mich und meinen italienischen Beifahrer in die Sitze. Akustisch tut sich aber zunächst nicht viel, bis die Nadel des Drehzahlmessers die 3.000er-Marke erreicht. Jetzt erst wechselt die Alfa-Oper vom dahinplätschernden ersten Akt zum Höhepunkt: der Heldenarie. Ab Punkt 3.000 brüllt das Aggregat unter Trompeten und Röhren dermaßen los, das Giuseppe Verdi stolz wäre. Beim Gas wegnehmen sprotzelt es munter aus den vier dicken Endrohren, bevor der Sound bei der Beschleunigung wieder zum Klangvulkan anschwillt. Nur unter größter Anstrengung kann mein Mitfahrer bei diesem Klangteppich per Funkgerät mit den Streckenposten sprechen. Auf und Ab Allerdings trübt die Schaltung die Fahrfreude etwas: Speziell im Automatik-Modus sind die Schaltpausen zu lang und führen zu Smart-ähnlichem Kopfnicken. Schon besser wird es beim manuellen Eingriff, zumal hier bei fast jedem Zurückschalten prickelnd Zwischengas gegeben wird. Das Repertoire des wohlklingenden Alfas reicht bis zu höheren Tonlagen im Formel-Eins-ähnlichen Sound, schließlich fängt der rote Bereich erst bei 7.500 Umdrehungen an. Gleichzeitig lässt sich der 8C Spider in Verbindung mit der zackigen Lenkung präzise in die Kurven zirkeln, was dem netten Signore neben mir zusehends verunsichert. Er mahnt ziemlich früh zur Nutzung der Bremse mit Karbon-Keramik-Technik, doch ich würde lieber den Grenzbereich des Alfas ausloten. Dazu muss man das Fahrzeug aber mit kräftigem Tritt aufs Gaspedal zwingen, denn erst so lässt sich das Heck zu einem gepflegten Drift überreden. Spielzeug für Auserwählte Prinzipiell könnte man den ganzen Tag auf der Strecke verbringen, doch auch die schönsten Dinge haben einmal ein Ende. Sowohl mir als auch dem flotten Flitzer mit der schönen Stimme ist es recht warm geworden. Während der 8C Spider neben seinem Opa aus den 1930er-Jahren abkühlt, studiere ich bei einer Erfrischung die Preisliste. Dort steht eine Zahl im Mittelpunkt: 211.285 Euro. So viel kostet ein Alfa 8C Spider in der Grundausstattung, doch die 83 auserwählten Käufer in Deutschland (davon zwei Frauen) legen durchschnittlich noch einmal rund 18.000 Euro drauf. Die Auswahl an Zubehör ist groß: eine Lackierung nach Wunsch, ein maßgeschneidertes Kofferset für den winzigen Kofferraum, geflochtenes Leder für die Türen und mehr. Aber all das ist für Sie, lieber Leser, und für mich nur graue Theorie, denn alle 500 8C Spider sind bereits verkauft. Da hilft nur der Blick auf die Alternativen: Für 176.200 Euro bekommt man den Ferrari California mit 460 PS und Stahlklappdach, 193.400 Euro ruft die Scuderia für den 460 PS starken F430 Spider mit F1-Schaltung auf. Eine weitere Alternative aus Bella Italia ist der Lamborghini Gallardo Spyder SE, der aus zehn Zylindern 520 PS holt und in der E-Gear-Version 190.995 Euro kostet. Zu guter Letzt könnte sich aber auch ein wenig Geduld lohnen, denn Audi bringt bald einen offenen R8.
Technische Daten
Antrieb:Heck
Anzahl Gänge:6
Getriebe:Automatik mit manuellem Eingriff
Motor Bauart:Benziner in V-Form
Hubraum:4.691
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:8
Leistung:331 kW (450 PS) bei UPM
Drehmoment:480 Nm bei 4.750 UPM
Preis
Neupreis: 211.285 € (Stand: Juli 2009)
Fazit
Trotz der Schwächen bei der Automatik und dem recht hohen Leergewicht: Der Alfa 8C Spider hat schon im Neuzustand seinen Status als künftiger Klassiker sicher. Dafür sorgt bereits die Mini-Auflage von nur 500 Stück. Das tolle Design und der scharfe Sound des Achtzylinders bergen höchstes Suchtpotenzial. Als kleiner Trost für Otto Normalkunden bleibt, das Details des 8C-Designs für kleinere Alfas übernommen werden. So ist es bereits beim MiTo der Fall, im Frühjahr 2010 wird der schnittige 147-Nachfolger namens Milano folgen.
Testwertung
4.5 von 5

Quelle: auto-news, 2009-07-23

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