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Testbericht

Sebastian Viehmann, 9. Juli 2010
Der Range Rover feiert Geburtstag. Wir blicken zurück auf 40 Jahre und haben den coolsten Range aller Zeiten gefahren: Das „Rolling Chassis“ ist der puristischste Offroader, den es je gegeben hat.

Staub, überall Staub – in den Haaren, zwischen den Zähnen, in der Kleidung. Doch das macht überhaupt nichts, denn soviel Spaß wie im „Rolling Chassis“ des allerersten Range Rover hat man selten. Außer dem Fahrersitz, dem Armaturenbrett und den wichtigsten Bedienelementen besteht dieses historische Demonstrationsobjekt nur aus Rahmen, Reifen und Antriebstechnik. Man schaut direkt auf den V8-Motor, sieht der Kardanwelle bei der Arbeit zu und zieht den Geruch von Metall und Öl in die Nase. Bei Vollgas schießt das urige Gefährt wie von der Tarantel gestochen los, selbst einen steilen schlammige Feldweg erklimmt das leichte Chassis mit spielender Leichtigkeit.

Roger Crathorne grinst, als das rollende Chassis mit seinem komplett eingestaubten Piloten zurückkommt. Roger, der vor mehr als 40 Jahren an der Entwicklung des Range Rover beteiligt war, erinnert sich an seine ersten Testfahrten im Gelände: „Da war der Wagen viel besser als der damalige Land Rover. Die Ursache lag in seinen Schraubenfedern und der daraus resultierenden Achsverschränkung.“Eine Fahrt im Classic Land Rover – diesmal mit Karosserie drum herum – zeigt allerdings, dass der fertige Wagen keineswegs ein Edel-Offroader war. Die hässlichen PVC-Sitze kleben an der Haut. Das Cockpit besteht aus lieblos zusammengestellten Plastikteilen, die dem miesen Ruf der britischen Autoindustrie der 70er Jahre alle Ehre machen. Rund um Ganghebel und Differenzialschalter windet sich ein dicker flauschiger Teppich, der vor allem die Geräusche aus dem Getriebe reduzieren soll. Luxusoptionen sucht man vergeblich, doch es gibt immerhin pfiffige Ideen wie die doppelten Türgriffe, damit die Fond-Passagiere von hinten die Tür öffnen können.

Wenn man den knapp 130 PS starken V8-Motor gestartet hat, ist man verblüfft, wie leicht sich 1,7 Tonnen anfühlen können. Mühelos stürmt der Wagen voran, mit großem Vergnügen hoppelt man über jede Bodenwelle. Natürlich ist die Schaltung hakelig und die Lenkung schwammig, doch vor 40 Jahren bot der Range Rover fast schon Limousinen-Feeling und war 145 Km/h schnell.

Die Legende Range Rover beginnt in den 60er Jahren. Damals schielt Land Rover neidisch auf Autos wie den Jeep Grand Wagoneer oder den Ford Bronco, die beweisen, dass Geländewagen mehr sein können als reine Arbeitstiere. So ein Freizeitgerät mit 4X4 wollen auch die Briten haben. Die Ingenieure entwickeln einen neuen permanenten Allradantrieb mit sperrbarem Mittendifferenzial, leihen sich den 3,5 Liter großen V8-Motor aus dem Rover P6 und passen die Technik in einen robusten Leiterrahmen ein. Das Fahrwerk mit Schraubenfedern sorgt für guten Fahrkomfort auf und abseits der Straßen.

Unter den Tarnnamen „Velar“ (velare heißt auf Italienisch verbergen) werden die Prototypen unter anderem in der Nähe des Eastnor Castle in Herfordshire getestet. 1970 fällt dann der Startschuss: Für weniger als 2000 Britische Pfund steht die kleine automobile Sensation beim Händler. Seit Rover zum Markenkonsortium British Leyland gehörte, war es um die Qualität der Autos nicht gerade zum besten bestellt, doch der strapazierfähige Range Rover war trotzdem heiß begehrt. Weil die Briten den Bedarf zunächst gar nicht decken konnten, blühte sogar der Schwarzmarkt für den Range Rover.

1972 fährt die britische Trans-America-Expedition von Alaska zum Kap Horn, wo das Auto seine enormen Offroad-Fähigkeiten unter Beweis stellt. 1974 durchquert der Range Rover die Sahara von West nach Ost – 12.000 Kilometer in 100 Tagen. Der Geländewagen wird zum modischen Lifestyle-SUV und Arbeitstier gleichermaßen, sogar die königliche Familie genießt ihn bei ihren Landurlauben in Schottland. Der Brite leistet natürlich auch seinen Dienst bei Polizei und Feuerwehr.

Der Range Rover hatte seine Fans aber auch bitter nötig, denn der Hersteller ruhte sich lange auf seinen Lorbeeren aus. „Obwohl Land Rover den Beifall genoss, den der Wagen bekam, tat man zehn Jahre lang kaum etwas, um ihn weiterzuentwickeln“, sagt der Land Rover-Experte Mike Gould. Es war nicht einmal das Geld da, um eine viertürige Version auf den Markt zu bringen, die sich viele Kunden wünschten. Der Schweizer Karosseriebauer Monteverdi stellte solch ein Fahrzeug mit allerlei Optionen schließlich mit Land Rovers Segen selbst her.Erst 1981 bauten die Briten den Viertürer in eigener Regie, darunter auch das luxuriöse Sondermodell „In Vogue“. Es ist der eigentliche Vorläufer der heutigen Range Rover. Die Modezeitschrift Vogue hatte mit dem Wagen ein Foto-Shooting in Biarritz veranstaltet, mit schönen Menschen in schicken Klamotten, was Land Rover auf die Idee zu seinen berühmten Sondermodellen brachte. Noch heute versprüht ein klassischer Vogue britischen Landhaus-Charme: Gemütliche Sessel, viel schickes Holz und allerlei Komfortextras verwöhnen die Passagiere.

Ein Cabrio allerdings, so wie beim Mercedes G-Modell, gab es beim Range Rover nur in Form von Spezialaufbauten. Als Flanier-Wagen für die Royals zum Beispiel, als Papamobil mit Plexiglas-Kuppel oder als Filmfahrzeug für Roger Moore im James Bond-Streifen „Octopussy“. Selbst im Ostblock schätzte man den Offroader des Klassenfeinds. Während das Volk der DDR Trabi fahren musste, ließ sich Erich Honecker vier Range Rover zu Jagdwagen umrüsten. Der greise Sozialist wartete auf seinem mobilen Hochstand, und seine Lakaien trieben ihm das Wild geradewegs vor die Flinte.Die erste Generation des Range Rover wurde fast 25 Jahre gebaut und in dieser Zeit optisch kaum verändert. Fast 318.000 Stück wurden produziert. Erst 1994 kam die zweite Generation auf den Markt, neben einem V8-Motor stand unter der Haube auch ein BMW-Diesel zur Verfügung. Die dritte Generation gibt es seit 2001. Im aktuellen Modell steckt ein neuer Achtzylinder-Diesel, wahlweise auch ein V8 mit Kompressoraufladung und 510 PS. Im Innenraum gibt es jeden nur erdenklichen Luxus, und schon das Einstiegsmodell kostet 88.500 Euro.Eins aber bleibt: In Sachen Offroad-Tauglichkeit macht dem Briten damals wie heute niemand etwas vor. Das schönste Bild dafür ist eine berühmte Werbeanzeige aus Kanada. Auf einem komplett verschneiten Hof stehen vier Garagen, nur vor einer davon sieht man Reifenspuren im tiefen Schnee. Darunter der Satz: „Jetzt raten Sie mal, in welcher Garage der Range Rover steht.“

Quelle: Autoplenum, 2010-07-09

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