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Testbericht

Sebastian Viehmann, 7. November 2011
Citroën will seine DS-Reihe weiter ausbauen, allein in China sind drei neue Modelle geplant. Die Franzosen hoffen, dass man sie dank DS in vielen Ländern als neue Premiummarke wahrnehmen wird.

„Es gibt ja genügend Ideen für neue Autos. Wir aber wollen die Karten ganz neu mischen“, sagt Vincent Besson, Direktor für die Markenstrategie bei Peugeot und Citroën. Mit der DS schufen die Franzosen einst eine automobile Ikone. 2009 wurde das Kürzel in Form der Studie DS Inside wiederbelebt, um eine komplette Modellreihe aus der Taufe zu heben, die rein gar nichts mit der legendären „Göttin“ zu tun hat. In speziellen „DS Stores“ und in den großen Metropolen gar in „DS Worlds“ sollen die Fahrzeuge, abgetrennt von anderen Citroën-Modellen, in aufwändigem Ambiente den Kunden präsentiert werden. Sogar einen Premium-Club mit besonderen Serviceleistungen wie VIP-Karten planen die Franzosen.

Citroën möchte den Erfolg der Marke Mini imitieren, allerdings nicht mit Retro-Elementen oder viel Sportlichkeit, sondern mit avantgardistischer Optik und Premium-Allüren. Den Anfang machte der Mini-Gegner DS3. Durch die Kooperation des PSA-Konzerns mit BMW ist er sogar mit den gleichen Benzinmotoren bestückt wie der Mini. 135.000 Modelle wurden bislang verkauft. 60% der Käufer seien ganz neue Kunden für die Marke gewesen, sagt Citroën. Jeder dritte DS3 wird in der Top-Ausstattung SportChic geordert, die Gewinnmargen für die Händler dürften also recht hoch ausfallen. Der viertürige DS4 kam im Mai auf den Markt. Ab 2012 will Citroën 40.000 Stück pro Jahr verkaufen.

Für Paolo Tumminelli, Professor an der International School for Design in Köln und einst Designer im Centro Stile von Alfa Romeo, ist die DS-Strategie ein zweischneidiges Schwert. „Citroën hat im letzten Jahrzehnt in der Tat einen unglaublichen Schritt nach vorne gemacht und liefert häufig erfrischendes, eigenwilliges, interessantes Design. Insofern finde ich es nicht beleidigend, wenn Citroën den neuen Designweg auch mit seiner historischen Designikone bezeichnet“, so Tumminelli. Allerdings berge die Modellbezeichnung auch ein Risiko: „Einerseits gibt es keinerlei Verwandtschaft zwischen DS-Original und Nachfolger. Andererseits, weil eine ikonische Identität verloren geht – jedes Modell wird dann DS heißen – bleibt DS nur ein Kürzel, nicht mehr als das i von Hyundai. DS 3,5,6,7 riecht dann so sehr nach BMW“, meint Tumminelli.

Das bislang überzeugendste Modell der Reihe ist der DS5, von dem die Franzosen ebenfalls 40.000 Stück pro Jahr absetzen wollen. „Unser Vorbild bei der Qualität im Interieur war Audi“, gibt Pierre Monferrini, Projektleiter des DS5, freimütig zu. Die Materialien fürs Interieur besorgen sich die Franzosen bei Lieferanten aus den USA, England oder Deutschland. Stolz verweist man zum Beispiel darauf, dass das Leder von bayrischen Stieren stammt. „Die besondere Herausforderung ist es, diese anspruchsvolle Qualität dann auch in Serie zu fertigen“, sagt Olivier Daillance aus Citroëns Farben- und Materialstudio.

Ein weniger glückliches Händchen beweisen die Franzosen bei ihrer klassischen Domäne, dem Fahrkomfort. Alle DS-Modelle sind straff abgestimmt. Beim Mini-Gegner DS3 passt das immerhin zum Konzept, beim Luxus-Kreuzer DS5 weniger – er holpert in langsamer Fahrt unsensibel über Bodenwellen. Auch die synthetisch wirkende Lenkung bekommen die Ingenieure nicht in den Griff. In Sachen Fahrdynamik können sich DS-Modelle bislang nicht mit Audi und Co. messen. Das gilt ebenfalls für die trägen Automatikgetriebe und das automatisierte Sechsgang-Schaltgetriebe mit nervenden Zugkraftunterbrechungen.

Die DS-Modelle sollen nicht nur Citroëns Modellpalette in Richtung Premium rücken, sondern dazu eine neue Submarke etablieren – auch im Wachstumsmarkt China. Ab 2013 sollen beim Joint-Venture-Partner Changan DS-Modelle vom Band laufen, darunter spezielle Versionen für den chinesischen Markt. „Wir vermarkten die Fahrzeuge unter dem Label ‚DS by Citroën‘. Es wird für normale Citroën-Modelle und für die DS-Palette zwei unterschiedliche Händlernetze geben“, sagt DS5-Projektleiter Pierre Monferrini. DS-Kunden sollen mit ihren Produkten also nicht die Marke Citroën assoziieren, sondern ein eigenständiges Produkt. Aus ähnlicher Motivation gründen auch andere Hersteller neue Automarken im chinesischen Riesenreich, wo viele Autokäufer Erstkunden sind und sich viele Markenimages noch nicht in den Köpfen verfestigt haben.

Für Design-Professor Paolo Tumminelli ist der DS-Auftritt in China ein Experiment, das durchaus glücken könnte: „Wenn überhaupt könnte der Mensch auf der Straße, der noch nie eine fahrende Göttin gesehen geschweige denn darüber gelesen hat, DS als Kürzel für DeSign verstehen. Dann macht das alles wieder Sinn, wenigstens für Chinesen. Die sind nämlich niemals in der Lage, die Form und die Bedeutung des alten Meilensteins zu verstehen, geschweige denn zu mögen – ihnen fehlt hierzu eine Ausbildung in westlicher Kultur“, meint Tumminelli.

Quelle: Autoplenum, 2011-11-07

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