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Testbericht

Stefan Grundhoff, 11. April 2008
Die Zeiten, in denen Lamborghini pro Jahr nur ein paar dutzend Boliden auf die Straße brachte, sind vorbei. Mit Modellen wie dem Gallardo hat man sich zu einer festen Größe in der Sportwagenwelt gemausert.

Der Gallardo ist der erfolgreichste Lamborghini, der je gebaute wurde. Was Vorbesitzer wie Chrysler oder MegaTech in der Vergangenheit nicht schafften, setzt nun Audi seit ein paar Jahren in die Realität um: Eine prestigeträchtige Spartenfirma wurde zum viel beachteten Sportwagenhersteller hochgepäppelt. Derzeit hat man vier Modelle für die erlauchte Kundschaft im Portfolio. Der wohlhabende Freiberufler freut sich über die beiden Gallardo-Varianten – offen oder geschlossen. Derweil steuern ein paar Schöne und Reiche den brandneuen Superrenner Murcielago LP 640 - bald auch als Roadster.

Es war noch nie besonders billig, einen "Lambo" zu fahren. Doch nach dem Einstieg der Ingolstädter bekommt man für sein gutes Geld nicht nur grenzenlosen Fahrspaß, sondern nun auch solide Volumentechnik. Der geschlossene Gallardo ist das Brot- und Butterauto aus Sant’ Agata. Die Symbiose aus deutscher Serientechnik und italienischen Motorsportgenen sorgt für wahren Fahrgenuss - vorausgesetzt man hat mit ein paar Kilogramm zuviel auf dem Fahrgestell keine Probleme. Denn trotz aller technischen Raffinessen, Allradantrieb und bullig wummernden 520 PS im Rücken merkt man dem Gallardo sein Leergewicht von 1,6 Tonnen vor allem bei Kurvenfahrten deutlich an.

Das soll jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die martialisch anmutende deutsch-italienische Gemeinschaftsproduktion auf der Straße wie eine Rakete handhaben lässt. Schon sein Design versetzt die Umgebung halb in Panik. Mit dem Schritt, auf ein betont kantiges Design zu setzen, bleibt das Designteam von Walter de Silva der Jahrzehnte alten Lambo-Linie treu. Der Erfolg gibt ihnen Recht.

Doch Design allein ist schon lange kein Garant mehr für wirtschaftlichen Erfolg. Ohne ein gelungenes Konglomerat aus Design, Motor und Antrieb ist nichts mehr zu reißen. Firmengründer Ferruccio Lamborghini hätte sich wohl kaum träumen lassen, dass die Geschicke seines Babys einmal von einem deutschen Volumenhersteller geleitet werden würden. Und sicher auch nicht, dass die Lamborghinis jemals so konkurrenzfähig sein würden. Man erinnert sich noch gut an die Zeiten, als die Diabolos und Countachs auf der langen Autobahngeraden nicht zu überholen waren, beim Kurventanz auf der Landstraße jedoch schnell die Waffen strecken mussten. Ganz zu schweigen von der völlig fehlenden Alltagstauglichkeit. Doch der Einsteiger-Lamborghini Gallardo zeigt jetzt eindrucksvoll, wie sich die Zeiten geändert haben. Egal ob E-Gear oder die deutlich schöner anzuschauende Sechsgang-Handschaltung - der Allradler macht nun auf der Rennstrecke eine ebenso gute Figur wie auf der B 13 zwischen München und dem Altmühltal. Der Antritt des rund 1,6 Tonnen schweren Lambos verschafft selbst erfahrenen Piloten Glücksmomente - und Passanten Angst und Schrecken.

Der Zehnzylinder brummt erst grimmig, donnert ab 2.500 Touren los und bläst ab 3.800 U/min Dank sich öffnendem Lärm-Bypass zum akustischen Generalangriff aufs Trommelfell. Das hat der Gallardo ebenso wie das Hochdrehzahlkonzept (maximal 8.000 U/min) mit zahlreichen Ferrari gemein. Understatement ist seine Sache nicht – weder optisch noch akustisch. An der Ampel und bei der Fahrt in Richtung Autobahn schauen sowieso schon alle – da dürfte wenigstens der Sound etwas weniger prollig daherkommen. Doch der fünf Liter große Zehnzylinder hat keinerlei Erbarmen, dreht willig und rund in schier unendliche Sphären. Genau so soll ein Renntriebwerk sein. Trotzdem kann man mit dem Gallardo tatsächlich auch mehr oder weniger dezent cruisen. Doch keine falsche Scheu - der orangefarbene Stier will geritten werden. Seine 510 Nm maximales Drehmoment bei 5.500 Touren laden zu Zwischenspurts und Kraftausbrüchen ein.

Das Gaspedal verlangt nach Dauerfeuer und man will schließlich auch von dieser eindrucksvollen Motorleistung kosten. Doch es ist nicht allein der Motor, der begeistert. Dank der Allradtechnik aus dem Hause Audi krallt sich der kantige Italiener in den Asphalt und scheint alle fahrphysikalischen Grenzen hinter sich zu lassen. Er ist wild und bissig, überfordert den Piloten jedoch nie. Wenn da nicht die allzu schwere Servolenkung und das leichte Übergewicht wären. Trotz Alukarosse hat man nie das Gefühl, leichtfüßig unterwegs zu sein. Doch man ist schnell – längst schneller als erlaubt. Dieser Gallardo macht süchtig, verwöhnt einen wahrlich bei dem Ritt auf der Klinge. Im Gegensatz zum großen Murcielago verfügt der kleine Bruder über ESP. Doch Dank weicher Reifenmischung, guter Gewichtsverteilung und dem Allradantrieb ist der Schleuderverhinderer weitgehend arbeitslos. Das Einlenkverhalten ist grandios präzise. Und wer hätte gedacht, dass ein Rennwagen mit 520 PS ohne Anstrengung Querfugen und Gullideckel schlucken würde? Schließlich bieten weder die 235er Reifen vorn noch die 295er Pneus hinten viel Dämpfungspuffer.

Der schwarz gelederte Innenraum polarisiert. Den einen bietet er zuviel Audi-Massendesign. Andere ärgern sich über unklare Bedienelemente und zu wenig italienisches Flair. Recht haben sie alle. Unstrittig dürfte auch sein, dass der Gallardo für Personen über 1,85 Meter kaum erste Wahl sein kann. Gerade die Coupéversion ist eng geschnitten - besonders über der Schädeldecke. Bei einer Vollbremsung bekommt der Pilot die Motorsport-Gene besonders eindrucksvoll zu spüren. Die Bremsanlage packt kompromisslos zu, die Reifenwalzen schmirgeln über den Asphalt, der Fahrer wird hart in den Gurt gepresst. Aus Tempo 100 stoppt der wilde Stier nach deutlich weniger als 35 Metern. Das ist eindrucksvoller als ein Spurt 0 auf 100 km/h in kaum mehr als vier Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von über 310 km/h. 0 auf 200 km/h ist sowieso eher ein Wert für die Prahlereien an der Theke des Tennisclubs.

Eine Charakterfrage ist die Entscheidung zwischen Handschaltung und E-Gear. Die satten 8.000 Euro Aufpreis dürften für die meisten Kunden keinen großen Unterschied mehr machen. Auf der Rennstrecke und auf leeren Landstraßen ist der elektronische Gangwechsel die gute Wahl. Doch nicht nur Puristen dürften sich trotzdem für die manuelle Sechsgang-Box entscheiden. Verzichten muss man dann jedoch auf das donnernde Stakkato beim Herunterschalten. Egal ob manuell am Mitteltunnel oder elektronisch an den Lenkradpaddeln geschaltet wird – wie man auch fährt: Unter 20 Liter Kraftstoff auf 100 Kilometern ist kaum voran zu kommen. Allerdings ist den Lamborghini-Archiven in Sant’ Agata nicht zu entnehmen, dass jemals ein Kunde über den Verbrauch gemeckert hätte. Es war eben schon immer etwas teurer, einen solch exklusiven Renner zu fahren – eine der unanständigsten Versuchungen der heutigen Zeit kostet derzeit mindestens 143.000 Euro.

Quelle: Autoplenum, 2008-04-11

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