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Testbericht

Stefan Grundhoff, 16. November 2017
Insbesondere in den USA und den Emiraten ist Infiniti seit Jahren eine erfolgreiche Automarke. In Europa ist der Luxusableger von Nissan trotz unbestrittener Qualitäten dagegen noch weitgehend unbekannt. Das soll der neue QX50 ändern, der die deutsche Premiumliga ins Visier nehmen will.

Bisher hat sich Infiniti mit seinen Modellen insbesondere durch ein betont eigenständiges, selbstbewusstes Design und eine Komplettausstattung in Szene setzen können. Der QX 50, als seriennahe Studie auf der Detroit Motorshow in diesem Januar vorgestellt, will die Marke Infiniti erstmals auch als Innovationsträger in Szene setzen, denn der Mittelklasse-SUV ist weltweit das erste Serienfahrzeug mit einer variablen Verdichtung. Das Verdichtungsverhältnis regelt den Verbrennungsprozess innerhalb des Zylinders und sorgt somit dafür, wie kraftvoll oder sparsam ein Triebwerk gemäß den verschiedenen Lastanforderungen läuft. Bei einem normalen Triebwerk ist das Verdichtungsverhältnis ein statischer Kompromiss, um den Motor gleichsam effizient wie leistungsstark arbeiten zu lassen. Das ändert das VCT-Triebwerk von Infiniti erstmals.

Während in Europa mit Temperaturen um den Gefrierpunkt die Vorboten des Winters Einzug gehalten haben, sieht es rund eine Stunde südlich von Phoenix weit wohliger aus. Auf dem Testgelände von Nissan im US-Bundesstaat Arizona sind tagsüber noch immer knapp 30 Grad und ein paar schwarz-weiß vermummte Prototypen drehen ihre Testkilometer auf den zahllosen Strecken, die Fahrsituationen in der ganzen Welt widerspiegeln sollen. Hier soll der Infiniti QX 50 und insbesondere sein neu entwickeltes Triebwerk mit variabler Verdichtung zeigen, dass sich die europäische SUV-Konkurrenz mit BMW X3, Mercedes GLC und Audi Q5 warm anziehen kann.

Der Mann, der hinter dem zwei Liter großen Vierzylinder mit Turboaufladung steht, der Dank variabler Verdichtung, entsprechendem Ventiltrieb und Direkteinspritzung eine ideale Symbiose aus Effizienz und Leistung bieten soll, heißt Shinichi Kiga. "Seit rund 20 Jahren forsche ich an der variablen Verdichtung", erzählt der verantwortliche Chefingenieur mit einem freundlichen Lächeln, "ich wusste, dass es machbar ist. Ich bin überzeugt davon, dass eine vollvariable Verdichtung zum großen Techniktrend der kommenden Jahre werden wird - zumindest bei Verbrennungsmotoren." Während sich gerade einige Hersteller in Asien und den USA allzu sehr auf die Elektrifizierung der Antriebe von morgen konzentrieren, geht Infiniti unter dem schützenden Nissan-Dach einen anderen Weg. Man will die Benzinmotoren fit für die nächsten Jahre machen und dabei ist die variable Verdichtung nicht nur nach Ansicht von Shinichi Kiga eines der technologischen Kernthemen.

Seit Jahrzenten versuchen Autohersteller und Zulieferer in aller Welt Techniken wie eine variable Verdichtung fit für die Großserie zu machen. "Wir haben wie viele andere schon seit langem an dem Prinzip einer variablen Verdichtung gearbeitet", erörtert Chris Day, der bei Nissan Nordamerika für die Antriebsentwicklung verantwortlich ist, "vor sieben oder acht Jahren waren wir dann sicher, dass wir es hinbekommen. Wir brauchten nicht nur den modernen Maschinenbau für die ganzen Teile, sondern auch die Rechenleistung, um das Triebwerk am Computer testen zu können."

VCT-Motor oder eine variable Verdichtung wird vielen Autofahrern ohne technische Vorkenntnisse wenig sagen. Ziel einer vollvariablen Verdichtung ist es, in der Brennkammer immer genau jene Kompression darstellen zu können, die gerade ideal ist - einmal höchst effizient - einmal besonders kraftvoll. Vereinfacht gesagt wird der Motor bei niedrigen Drehzahlen betont hoch verdichtet, um möglichst effizient zu laufen. Bei höheren Drehzahlen oberhalb des Teillastbetriebs ist die Verdichtung dagegen nennenswert geringer, um den Motor möglichst kraftvoll arbeiten zu lassen. Da es aufgrund gesetzlicher Vorgaben zunehmend auf einen möglichst geringen Kraftstoffverbrauch ankommt, sind die Zeiten von niedrige Verdichtungen, wie einst bei besonders sportlichen Triebwerken, Vergangenheit. Heutzutage werden die meisten Benzinmotoren mit einer Verdichtung von 10:1 und mehr betrieben. Diesel haben eine deutlich höhere Verdichtung, um das Luft-Kraftstoff-Gemisch im Zylinder zu entfachen.

"Der neue Infiniti QX50 ist ideal für den ersten Einsatz des VC-Turbos", erklärt Chris Day die Modellauswahl des Erstlingswerks, "hier messen wir uns insbesondere mit den deutschen Premiumherstellern. Ohne die rechte Motorentechnik, die hier mithalten kann, geht da nichts." Seine Weltpremiere feiert der Konkurrent von BMW X3, Mercedes GLC, Volvo XC60 und Audi Q5 auf der Los Angeles Autoshow Ende November. Marktstart in den USA soll dann Ende Februar sein. Nach Europa wird der neue Crossover aus dem mexikanischen Gemeinschaftswerk von Nissan und Daimler erst im kommenden Herbst kommen. Das neue Hightech-Triebwerk wird dazu eigens aus Japan zugeliefert.

Überraschend dabei, dass der zwei Liter große Vierzylinderturbo mit 200 kW / 272 PS und einem maximalen Drehmoment von 380 Nm im Infiniti-Hoffnungsträger zunächst ein Einzeltäter bleiben wird. "Der Motor selbst kann mit 390 Nm sogar noch etwas mehr", ergänzt Shinichi Kiga, "doch es standen neben der reinen Leistung erst einmal Laufruhe und Verbrauch im Vordergrund. Hier liegt das neue Vierzylindertriebwerk rund 25 Prozent unter unserem aktuellen V6-Motor mit gleicher Leistung." Während Mercedes GLC, BMW X3 und Audi Q5 mit einem breiten Antriebsarsenal von knapp 200 bis über 500 PS finanzstarke Kunden auf der ganzen Welt anlocken sollen, hat der geneigte Kunde beim zukünftigen Infiniti QX 50 keine Wahl - kein Diesel, keine Sportversion, kein Hybride. So gefällig sein Design auch ist und so komplett die Serienausstattung auch erscheint; ein einziger Motor und dann noch ein Vierzylinder, erscheint doch etwas wenig, um die internationale Konkurrenz ernsthaft in Bedrängnis zu bringen.

Das ist schade, weil nicht nur der neue QX 50, sondern insbesondere auch das neue Triebwerk bei ersten Testfahrten einen guten Eindruck macht. Nach ein paar Runden auf dem knapp zehn Kilometer langen Hochgeschwindigkeitsoval nahe Phoenix sowie auf den verschiedenen Dauerlauf- und Handlingstrecken präsentiert sich der leise laufende Vierzylinder agil. Trotz des serienmäßig verbauten CVT-Getriebes hängt der knapp zwei Tonnen schwere Allradler gut am Gas. Der Motorklang ist zu dünn, doch die Fahrleistungen erscheinen allenfalls in höheren Drehzahlbereichen, wenn der aufgeladene Vierzylinder sich mit einer Verdichtung von bis zu 8:1 der Leistungsabfragen des Fahrers anpasst, etwas blass. Wie die variable Verdichtung im Motor arbeitet, davon merken die Insassen bei der Fahrt nichts. Allein ein kleines Informationsdisplay in der betagt anmutenden Instrumenteneinheit zeugt davon, dass die Verdichtung im Millisekundenbereich zwischen 8:1 und 14:1 variiert. Dabei ändert sich der Zylinderhub während der variablen Verbrennung um bis zu sechs Millimeter, wodurch das nominelle Zweiliter-Triebwerk einen Hubraum hat, der sich je nach Lastzustand zwischen 1.970 und 1.997 Kubikzentimetern bewegt. Die variable Verdichtung und der variable Hub von sechs Millimetern wird durch einen Aktuator in Form eines kleinen Elektromotors ermöglicht, der über Arm und Gelenke auf die Kurbelwelle einwirkt. "Der Aktuator ist ein bürstenloser Elektromotor, der mit einer Leistung von gerade einmal 0,15 Kilowatt und einer Umdrehungszahl von bis zu 4.000 U/min läuft", erklärt Shinichi Kiga. Der Zweiliter-Turbo macht im Infiniti QX 50 zwar den Anfang, wird aber schon bald kleinere und größere Brüder bekommen. "Wir können das Prinzip auf alle gängigen Motorgrößen bei uns ausweiten", sagt Shinichi Kiga. Infiniti dürfte dabei ein erster Schritt sein, doch die anderen Marken des Renault-Nissan-Markenkonglomerats scharren schon mit den Reifen. Sparsam flott unterwegs sein, will schließlich jeder.

Quelle: Autoplenum, 2017-11-16

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