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Autoplenum, 2010-03-11

Jaguar im Wandel der Zeit - Auf dem Sprung

Testbericht

Stefan Grundhoff

Es könnte schlechter laufen im Hause Jaguar / Land Rover. Nachdem der
ehemals britische Autohersteller Mitte 2008 vom indischen Tata-Konzern
übernommen wurde, blicken beide Marken zuversichtlich nach vorn.

Anfang März in der Nähe von Paris. Es ist kalt am Schloss Versailles, wo
in diesen Wochen der neue Jaguar XJ vorgestellt wird. Doch die Sonne
scheint - nicht nur vom Himmel. Das Aushängeschild, der 5,12 Meter
lange XJ, kommt Ende Mai endlich auf den deutschen Markt. Das sorgt
für Rückenwind. Zudem ist es nach monatelangen Gerüchten endlich
offiziell: Carl-Peter Forster, vormals General Motors, Opel und BMW hat
die Leitung des Konzernablegers Tata-Motors übernommen. Ein
Autoexperte an der rechten Stelle. Da atmeten viele Briten auf.
Nachdem der ehemalige Ford-Ableger lange Jahre zwischen Hoffen und
Bangen schwankte, blickt nicht nur Jaguar-Chef Mike O’Driscoll
mittlerweile wieder erwartungsfroh nach vorn: „Vieles hätte sich in
letzter Zeit schlechter entwickeln können. Wir sind sehr zufrieden mit
den Entwicklungen der letzten zwei Jahre. Die Übernahme, die neue
Führung und schließlich haben wir das komplette Modellprogramm
umgekrempelt.“ Das ungeliebte Kind Jaguar X-Type auf Basis des alten
Ford Mondeo wurde in den britischen Moorlandschaften versenkt. Die
Modelle XK und XF bekamen neue Triebwerke und eine Modellpflege. Da
fällt es kaum ins Gewicht, dass der neue Jaguar XJ am 29. Mai ein paar
Monate später als erwartet auf den Markt kommt.

„Der neue Jaguar XJ muss ab dem Marktstart absolut topp sein. In dieser
Klasse dürfen wir uns gegen die Konkurrenz nichts erlauben“, so Jaguar-
Deutschland-Geschäftsführer Peter Modelhard, „wir wollen vom neuen XJ
mindestens so viele Fahrzeuge verkaufen, wie vom alten Modell in einem
guten Jahr. Das sind 600 bis 800 Autos - mindestens.“ Noch gibt es
technischen Feinschliff für das moderne XJ-Bediensystem mit Touch-
Screen, Bluetooth und Navigation. Doch Jaguar-Chef O’Driscoll und
Chefdesigner Ian Callum sind froh, dass der XJ endlich seine Premiere
feiert. „Für uns ist damit die erste Stufe des Neubeginns für die Marke
abgeschlossen“, erzählt Mike O’Driscoll, „noch wir haben noch längst nicht
alles geschafft. Es liegt noch viel Arbeit vor uns.“

Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass die sportiven Briten ihre
Modellpalette ausbauen wollen. Nach dem Wegfall des X-Type soll ein
zweisitziger kleiner Sportwagen das Jaguar-Trio wieder zu einem Quartett
machen. Der Wagen wird sowohl von den Dimensionen als auch preislich
unter XK und XK Cabriolet liegen, über Frontmotor und Hinterradantrieb
verfügen. Wie es sich für einen Sportler – egal ob offen oder geschlossen
– gehört, soll er besonders leicht sein. Gut, wenn man wie Jaguar schon
ein paar Jahre Erfahrung mit Aluminium-Spielmobilen hat. Ein kleiner
Jaguar-Sportler, drahtig, sportlich und emotionsreich, wird schon seit
Jahren gefordert. Damit möchte Jaguar die Erfolgsgeschichte des Porsche
Boxster wieder ableben lassen, der die Zuffenhausener aus ihrer Sinn-
und Absatzkrise Mitte der 90er Jahre herausholte.

Weil der Einstieg in die elegant-belederte Jaguar-Welt nach dem Wegfall
des X-Type teurer geworden ist, soll der XF einige der X-Type-
Bestandskunden gewinnen. Aus diesem Grund bietet Jaguar den XF ab
Frühjahr mit einem 211 PS starken Einstiegsdiesel für 46.900 Euro an. In
der ersten Jahreshälfte 2011 folgt zudem ein schwächerer XF-
Einstiegsdiesel mit vier Zylindern, zwei Litern Hubraum, Achtgang-
Automatik und Start-Stopp-System. Die Motorleistung dürfte bei rund
180 PS liegen. Sein Verbrauch: rund fünf Liter Diesel auf 100 Kilometern.
Im Gegensatz zum Vierzylinder-Diesel im XF muss der neue XJ bis auf
weiteres mit der alten Sechsgang-Automatik von ZF auskommen; soll als
275 PS starke Dieselversion jedoch trotzdem einen Normverbrauch von
konkurrenzfähigen sieben Litern Diesel auf 100 Kilometern realisieren. In
diesem Jahr will Jaguar in Deutschland zehn Prozent mehr Fahrzeuge als
2009 verkaufen – da waren es knapp 3.000 Stück.

Noch umfangreicher als die Zukunftsplanungen bei Jaguar sind die
Aussichten bei Land Rover. 5.200 Fahrzeuge im Jahre 2009 waren kaum
zufriedenstellend. Fest steht bereits seit längerem, dass sich die Modelle
von Range Rover und Land Rover zukünftig stärker voneinander
unterscheiden werden. Die nächste Generation von Range-Rover-
Fahrzeugen soll die edlen Kunden ansprechen. Viele warten auf die
Straßenversion der Studie LRX sein; einem kleinen Bruder des Range
Rover Sport. Die größeren Modelle Range Rover Sport und Range Rover
dürften sich in der nächsten Generation, die frühestes 2013 kommen
dürfte, optisch deutlich stärker differenzieren. „Zudem arbeiten wir daran,
dass die neuen Modelle rund 500 Kilogramm leichter werden“, berichtet
Deutschland-Chef Peter Modelhard. Dass ist auch dringend nötig. Die
beiden britischen Schwergewichte gehören zu den schwersten
Geländemobilen auf dem Markt. In Zukunftstechnologien investiert Land
Rover in den nächsten Jahren eine Milliarde Pfund.

Doch nicht nur neue Modelle sollen es richten. Die Marke Land Rover
orientiert sich preislich wieder mehr zur automobilen Mittelklasse. Ein
erster Schritt war die Herabsenkung des Einstiegspreises für den
Freelander. Kostete der ehemals mindestens 31.800 Euro, so ist er
mittlerweile für 25.900 Euro zu bekommen. Eine wohl einmalige
Rabattaktion in der deutschen SUV-Liga, die umkämpft wie kaum eine
andere ist. Peter Modelhard: „Wir müssen mit Land Rover wieder eine
Marke für die breite Masse sein. Für darüber haben wir schließlich noch die
Range-Rover-Modelle.“ In einem ersten Schritt sollen dieses Jahr 10 bis
15 Prozent mehr Fahrzeuge verkauft werden. Neben dem preislich
deutlich günstigeren Freelander soll es insbesondere ein attraktives
Einstiegsmodell Discovery Family bringen.

Quelle: Autoplenum, 2010-03-11
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