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Testbericht

Jürgen Wolff, 15. April 2014
Nach einer längeren Produktionspause bringt Jeep wieder einen Cherokee nach Europa. Ein robuster und praktischer SUV - mit gewöhnungsbedürftigem Design und viel Fiat-Technik unter der Karosserie.

Ist das ein Jeep? Was da unter dem Label "Cherokee" seit 1974 seine Staubfahnen durch die Prärien der USA zog, war kantig, praktisch - amerikanisch. Der neue Jeep Cherokee, der nun auch nach Europa kommt, erinnert dagegen vom Design her auf den ersten Blick eher an die US-Version des Lifestylers Range Rover Evoque. Die traditionellen sieben vertikalen Kühleröffnungen stehen bei dem Jeep nicht mehr streng senkrecht gegen den Fahrtwind, sondern sind oben nach hinten abgeknickt - "Wasserfallhaube" nennt das Jeep-Designer Bill Zheng. Vor allem aber: Die eigentlichen Fahrscheinwerfer sind unterhalb der Gürtellinie unauffällig hinter einer Wulst und dunklem Glas versteckt - umso auffälliger glänzen da, wo man die Scheinwerfer eigentlich vermutet hätte, die schmalen Streifen des Tagfahrlichtes.

Ohnehin ist dieser Jeep eher die gut getarnte italienische Variante des amerikanischen Urgesteins. Was - Entwarnung! - seine traditionellen Werte nicht unbedingt beeinträchtigt. Jeep gehört zu Chrysler und Chrysler gehört zu Fiat. Ebenso, wie Alfa Romeo zu Fiat gehört. Der 4,63 Meter lange Jeep Cherokee steht denn auch auf der neuen C-Plattform der Giulietta von Alfa Romeo. Und neben dem V6-Zylinder-Benziner, der mit seinen 200 kW/272 PS in Europa wohl eher eine untergeordnete Rolle spielen wird, bietet Jeep für den Cherokee vor allem einen Fiat-Diesel in zwei Leistungsstufen an. Fazit: Eigentlich ist der neue Jeep Cherokee der erste SUV von Alfa Romeo. Auch beim Antrieb bricht Jeep mit ehernen Traditionen: Den Cherokee gibt es nicht nur als Allradler, sondern auch in einer rein frontgetriebenen Version.

Die neue Alfa-Plattform mit einem Radstand von 2,70 Metern sorgt für etwas mehr Platz im Innenraum des Cherokee. Vorne reicht es üppig auch für groß gewachsene Passagiere. Der Zustieg ist bequem, die Sitze sind griffig und komfortabel und könnten allenfalls noch eine etwas längere Sitzflächen vertragen. Dem Lenkrad, das in Tiefe und Neigung verstellbar ist, täte es gut, wenn man es ein wenig weiter herausziehen könnte. Der zentrale Bereich mit den Einstellungen für die Klimaanlage und dem angenehm großen Multifunktionsbildschirm soll optisch die klassische Frontansicht des Jeep widerspiegeln - egal: Die Armaturen sind so auf jeden Fall übersichtlich und logisch, die Materialien nicht unbedingt premium, gehen aber ok. Eine eigene lobende Erwähnung verdient das schnell und präzise arbeitende Navigationssystem. 12-Volt-Steckdosen gibt es rundum ebenso reichlich wie Ablagen.

In der zweiten Reihe ist nicht ganz so viel Platz für die Knie, obwohl die Rücksitze verschiebbar sind. Aber so viel Raum wie in einem VW Golf hat man allemal. Und um die Kopffreiheit ist es gut bestellt. Der Kofferraum fasst mindestens 412 Liter, lässt sich durch das Verschieben oder Umlegen der asymmetrisch teilbaren Rückbank jedoch auf bis zu 1267 Liter erweitern. Der Ladeboden ist auch dann topfeben. Eine Vielzahl von praktischem Mopar-Zubehör sorgt bei Jeep traditionell dafür, dass der Laderaum sich sehr funktional einrichten lässt. Wer ein Zugfahrzeug braucht, der sollte eher zu dem stärkeren Diesel greifen. Dessen maximale Anhängerlast von 2.475 Kilogramm reicht für so ziemlich jede Notwendigkeit. Der kleine Diesel mit 1.600 Kilogramm Zuggewicht ist da deutlich schmalbrüstiger unterwegs.

Für den Antrieb stehen in Europa zwei Motoren mit drei Leistungsstufen zur Wahl. Der amerikanische davon ist ein 3,2 Liter großer V6-Benziner mit 200 kW/272 PS und einem maximalen Drehmoment von 315 Nm ab 4.300 U/min. Der soll vor allem die Offroad-Variante "Trailhawk" antreiben - bei den Boulevard-Cruisern wird er hierzulande keine große Rolle spielen. Die wird es eher für die modernen Multijet II-Dieseln von Fiat geben. Sie leisten entweder 103 kW/140 PS oder 125 kW/170 PS. Gleich ist das maximale Drehmoment von 350 Nm, das ab 1.750 U/min. anliegt. Schon mit dem kleinen Diesel kommt der Cherokee ganz flott voran: Den Spurt von 0 auf 100 schafft er bei der frontgetriebenen Version in 10,9 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit erreicht der knapp zwei Tonnen schwere Jeep bei durchaus akzeptablen 187 km/h. Aber für Sportfahrer ist der Cherokee ja ohnehin nicht gedacht. Was den Verbrauch angeht, kommt selbst der reine Fronttriebler nie auch nur in die Nähe der offiziellen 5,3 Liter.

Untermotorisiert fühlt man sich ohnehin eigentlich nie. Der Motor sorgt für entspanntes Fahren, ist allerdings ein wenig knurrig und nicht so leise, wie Jeep es gerne glauben machen möchte. Denn ansonsten hat die Geräuschkapselung beim neuen Cherokee sehr gut funktioniert: Weder Wind- noch Abrollgeräusche stören. Auch sonst fährt sich der Cherokee problemlos und sehr angenehm. Die manuelle 6-Gang-Schaltung funktioniert mit kurzen Wegen und ist gut abgestuft, die von ZF entwickelte und bei Jeep gebaute 9-Stufen-Wandlerautomatik arbeitet ohne allzu viel Kraft des Motors zu vergeuden. Die Federung des Cherokee hat wenig mit der alten Blattfederromantik zu tun, sondern bringt ihn komfortabel auch über ruppigere Wege. Angenehm auch die neue Lenkung: Sie zirkelt den Indianer präzise um die Kurven und liefert auch ausreichend Rückmeldung von der Straße.

Für den Ausritt ins raue Gelände bietet Jeep beim Cherokee die Version Trailhawk an - immer mit dem V6-Benziner bestückt und immer mit der Automatik plus Hinterachs-Sperrdifferenzial zum Allradantrieb. Dass der Trailhawk ein ziemlich zäher Bursche ist, verspricht nicht nur die zusätzliche Geländeeinstellung für felsigen Untergrund. Mit 508 mm ist die Wat-Tiefe auch größer, die Böschungswinkel vorne und hinten sind steiler und die Bodenfreiheit ist mit 221 mm höher. Keine Mühe, ihn im Standgas 70 prozentige-Steigungen mit stoischem Langmut erklettern zu lassen oder auf jeweils drei Reifen wechselweise balancierend Felsstrecken zu meistern, ohne dass die stabile Karosserie sonderlich knistert. Der Trailhawk hat die alten Offroad-Qualitäten von Jeep am eindruckvollsten in die neue Fiat-Ära des Cherokee hinüber gerettet.

In den USA ist der Cherokee mit Allradantrieb schon ab 22.995 Dollar zu bekommen - also für umgerechnet weniger als 17.000 Euro. Europäer können von solchen Einstandspreisen nicht einmal träumen: In Deutschland werden mindestens 34.800 Euro fällig - für den Fronttriebler. Allrad gibt es erst ab 36.900 Euro, knapp unterhalb des Preisniveaus von Audi Q5 und BMW X3. Rein mit Umrüst- und Transportkosten lässt sich so ein Mehrpreis kaum erklären. Eher mit einer anderen US-Tradition: Nimm, was du kriegen kannst.

Quelle: Autoplenum, 2014-04-15

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