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Autoplenum, 2010-03-25

Lamborghini Gallardo Superleggera - Leicht und laut

Testbericht

Stefan Grundhoff

Es ist nicht das erste Derivat des Lamborghini Gallardo. Doch der
Superleggera zeigt die Zukunft der polarisierenden Marke mit dem Stier
im Logo besser als jeder seiner Vorgänger.

Auf dem Genfer Salon feierte er seine Weltpremiere – in giftigem grün,
mit breiten Schlappen, aufdringlichen Spoilern und jeder Menge
Kohlefaserkomponenten. Doch das allenthalben ins Auge fallende
Leichtbau-Material ist beim Gallardo Superleggera mehr als nur Schau. Es
spart dort Gewicht, wo es bei einem Sportwagen am wichtigsten ist –
überall. So will Lamborghini seinen Gallardo noch besser, noch schneller,
noch dynamischer machen. Schließlich muss der es noch ein paar Jahre
machen. Die offene Version ist ein Hollywood-Schauspieler; einer der am
Ocean Drive von Miami Beach mit spärlich bekleideten Schönheiten Hof
hält und die Blicke der verstörten Umgebung auf sich vereinigt. Der wahre
Gallardo-Fan dagegen fährt eine geschlossene Version, am besten gleich
einen Superleggera. Ebenso laut, aber nicht derart Beifall erheischend wie
der Spyder.

Aufmerksamkeit gibt es am Steuer einea Lamborghini sowieso immer. Da
macht der neue Superleggera keine Ausnahme. Denn der Frühling klopft
bereits laut an das Garagentor. Schön, wenn man sich und seinen
fahrbaren Untersatz im Winter in Topform gebracht hat. Jedes Kilogramm
Übergewicht ist zuviel. „Lamborghini ist nicht nur eine Design- und
Performance-Marke“, erklärt Manfred Fitzgerald, Direktor für Design und
Marketing bei Lamborghini, „wir wollen mehr unsere technische
Kompetenz in den Vordergrund stellen. Kohlefaser ist die automobile
Zukunft.“ Den Weg dorthin soll der Superleggera weisen.

Neu ist Idee mit einem Superleggera im Hause Lamborghini nicht. Bereits
das erste Modell des 350 GT trug auf seiner Karosserie die Bezeichnung
„Superleggera“, den Namen eines italienischen Karosseriebauers. Heute
ist es kein besonders exklusiver Autoschmied, sondern der Name für eine
Modellbezeichnung, bei der der Name Programm ist. Einen Gallardo
Superleggera gab es vor drei Jahren bereits schon einmal. Der neue
Superleggera ist im Vergleich zur ersten Generation mit 1.340 Kilogramm
sogar zehn Kilogramm schwerer als sein indirekter Vorgänger. Der Grund
liegt an den zahlreichen Modifikationen der letzten Jahre. Insbesondere
die Umstellung des Triebwerks auf 560 bzw. 570 PS mit
Direkteinspritzung und neue Kleinteile kostete wertvolles Gewicht. So ist
der neue Superleggera 70 Kilogramm leichter als der gewöhnliche
Lamborghini Gallardo LP 560-4. Heißt, jede der 570 Pferdestärken hat es
fast schon spielerisch mit gerade einmal 2,35 Kilogramm zu tun.

Die Optik des 4,39 Meter langen Lamborghini ist und bleibt martialisch.
Da fallen die noch wuchtigere Frontschürze oder der mächtige
Heckflügel zwar ins Auge, doch wirklich ungewöhnlich erscheint das
ganze nicht. Schließlich geht es bei der Jagd nach Zehntelsekunden um
Alltagsnebensächlichkeiten wie Gewichtsersparnis und mehr
Anpressdruck. Fallen schon die kleinen Aerodynamikdetails kaum
nennenswert ins Auge, bleibt der Betrachter zumindest am
„Superleggera“-Schriftzug hängen. Zudem ziert das Sondermodell ein
schmaler Streifen der italienischen Landesfarben, der sich gewohnt
knapp über den Asphalt spannt. Der Superleggera ist ein ganz normaler
Gallardo; eine sportliche Versuchung auf jeder Rennstrecke. 570 PS
stark und von einem unnachgiebigen Zehnzylinder zu
ohrenbetäubenden Spitzenleistungen getrieben. Unten herum ist bei
dem Allrad-Renner nicht viel zu holen. Er will Drehzahl, dann geht es
gewaltig nach vorne. Mindestens 4.500 Touren sollten es sein; besser
noch einen tausender mehr, damit das Stakkato dann artgerecht
loslegen kann und der Fahrer sich der Vorteile von Rennsitzen,
griffigem Steuer und dem tiefen Schwerpunkt des Stieres bewusst wird.
Selbstredend auch der Annehmlichkeiten einer grandiosen
Bremsanlage. Auch hier gibt es auf Wunsch hochfesten Leichtbau.

325 km/h Spitzengeschwindigkeit können sich die meisten Autofahrer
nicht einmal bildlich vorstellen. Dem Gallardo sieht man sie an – im
Stand. Gleiches beim Raketenstart 0 auf Tempo 100. Den schafft der laut
brüllende Allradler in grandiosen 3,4 Sekunden. Sind bei Vollgas zehn
Sekunden verstrichen, wäre selbst bei ordentlich motorisierten Autos des
allgemeinen Straßenverkehrs noch nicht einmal die Tempo-100-Marke
durchstoßen. Der Norditaliener zerstückelt dann bereits die magische
200er-Marke. Der bekannte Zehnzylinder mit 5,2 Litern Hubraum leistet
bei voller Leistungsabfrage 419 KW / 570 PS. Das in Zeiten modernster
Turbodiesel nicht mehr ganz so eindrucksvolle Drehmoment von 540 Nm
steht bei 6.500 U/Min zur Verfügung. Doch der neueste Lambo soll nicht
nur mehr Dynamik und bessere Fahrleistungen bieten. Auch beim
Verbrauch haben die Entwickler mächtige Fortschritte gemacht. Doch
auch eine Reduzierung von mehr als 20 Prozent heißt in dieser Liga noch
immer 13,5 Liter Normverbrauch.

Manfred Fitzgerald unterstreicht: „Der Gallardo Superleggera ist ein
völlig anderes Auto. Wir müssen zukünftig wieder leichtere Autos
bauen. Das Leistungsgewicht ist die zukünftige Kenngröße, um die sich
alles dreht. Davon profitieren Fahrdynamik und Emissionen
gleichermaßen.“ 70 Kilogramm sollen den Unterschied zwischen purer
Anerkennung und nackter Begeisterung für die Fahrdynamik machen.
Die Gewichtsersparnis wurde durch den intelligenten Einsatz von
Leichtbaukomponenten erreicht. So bestehen zum Beispiel
Heckfenster, Seitenscheiben und das Fenster der Motorhaube aus
leichtem Polycarbonat. Die lange, vom Dach bis zum Heck verlaufende
Haube ist aus hochfestem Kohlefasermaterial gefertigt. Auch bei
anderen Komponente wie Heckflügel, Schwellerleisten, Diffusor und
Teilen der Unterbodenverkleidung oder den filigranen
Außenspiegelgehäusen entschieden sich die Entwickler für Kohlefasern,
die sonst zumeist im Rennsport eingesetzt werden. Doch an sich ist der
Lamborghini Gallardo Superleggera nichts anderes als ein Rennwagen.
Denn auch wenn er durchaus noch ein Mindestmaß an Alltagsnutzen
hat, fühlt er sich eigentlich nur in einem Gehege zu Hause: auf der
Rundstrecke.

Das zeigt sich beim Einlenken bereits nach den ersten knackigen Haken
auf kurviger Route. Der Gallardo macht aus seinem Herzen keine
Mördergrube; er mag es gerne hart, kurz und kernig. Die Lenkung ist
trotz Allradantrieb direkt und die Flunder lässt sich auch von welligen
Fahrbahnen und Wechselkurven nicht aus der Ruhe bringen. Die
Karosserie zeigt keinerlei Wankbewegungen und lässt das mit
Mittelmotor und Flügel beschwerte Heck auch im Grenzbereich neutral
nachziehen. Kurz nachdem der Pilot Scheitelpunkt und Kurvenausgang
angepeilt hat, geht es mit voller Zehnzylinderpower wieder in die vollen.
Die Gänge werden am Lenkrad nur kurz durchgerissen. Bei der Jagd
nach Bestzeiten und Ideallinie geht es um Winzigkeiten. Im Gallardo
Superleggera kein Problem. Daher gibt es den Superleggera gleich mit
entsprechender Rennausstattung wie engen und dennoch bequemen
Sportschalen, einem Alcantara-Innenraum und dem sequentiellen
Schaltgetriebe E-Gear, das sich auf der Rennstrecke mehr zu Hause
fühlt, als im alltäglichen Straßenverkehr. So viel Rennsportvergnügen
muss sich der geneigte Kunde mindestens 208.726 Euro kosten lassen.
Viel Geld für jede Menge Exklusivität, grandiosen Fahrspaß und
Auffallen – eben fast für jeden Preis. Dafür fährt man den wohl besten
Lamborghini aller Zeiten. Zumindest bis der neue Lamborghini
Murcielago auf die Piste geht.

Quelle: Autoplenum, 2010-03-25