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Testbericht

automobil-magazin.de, 10. Oktober 2013
Damals: Wer an die A-Klasse dachte, reflektierte über den Elch. Ein schwedischer Autotester fuhr den so genannten Elchtest, ein ohne Bremsmanöver flott durchflogenen Doppelzack. Die A-Klasse kippte. Die Stimmung auch. Bei Daimler. Dort besserte man schwäbisch-gründlich nach, und der Kompaktklässler mauserte sich vom Umkipper zum Steher. Vom Fahrwerk und von den Verkaufszahlen. Das Konzept mit der erhöhten Sitzposition und dem besseren Überblick setzte sich, nicht nur bei älteren Menschen, durch. Trotzdem war das Fahrwerk, selbst mit dem auf „Sport“ endenden Typenschild, nie ein sportlicher Brüller. Aber, was nicht ist, kann ja werden …

Man braucht keinen Nürburgring, um zu verstehen: Da geht nun was. Der A250 Sport zieht kernig aus engen Biegungen. Die lassen sich mit dem Sportfahrwerk sauber abarbeiten. Hervorragend hält der A die Spur, versetzt nicht und hält die Gummis schön am Boden. Wenn man es übertreibt, mit einer friedlichen Warnung von der ins Übersteuern übergehenden Vorderachse. Wie stoisch die bekömmlich direkte Lenkung auch hohe Geschwindigkeiten geht (der A250 läuft 240 km/h), offenbart, dass die neue A-Klasse einer ganz anderen Dynamik-Kaste angehört als das Vormodell.

Sportlicher geht es mit tieferem Schwerpunkt und breiterer Spur, aber auch mit dem Turbo des A250. Der direkt einspritzende Turbobenziner gibt mit 210 PS Leistung ab 5.500 U/min viel, ohne viel zu nehmen (Testverbrauch 8,5 l/100 km). Das Drehzahlband, auf dem zwischen 1.200 und 4.000 U/min permanent 350 Nm abrufbar sind, ist breit gespannt. Der im Testwagen mit 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe und Start-Stop verbandelte Vierzylinder hängt auffällig gut am Gas und er säuselt sehr oft gelassen mit Drehzahlen knapp über tausend U/min vor sich hin. Beides hat einen Grund: Aufladung. Was die aus 1,8 Liter Hubraum macht und ein schwäbischer Hersteller aus vier Zylindern, das hätte man sich noch vor zwei Jahrzehnten so nicht vorstellen können – Mercedes baute damals vor allem gute Sechszylinder.

Die Konkurrenzsituation erforderte es – adé hohe Sitzposition, adé gute Übersicht, adé hoch bauender Innenraum. Warum ein so alltagsgerechtes und erfolgreiches Konzept der A-Klasse 1 und 2 keine weitere Zukunft hatte? Antwort: Audi verkaufte seit Jahren den A3, BMW den 1er und beide waren erfolgreich damit. Benz bot in der Vier-Meter-Kategorie nur Hochbau und One-Box-Design. Deshalb sprechen die Proportionen der neuen A-Klasse eine ganz andere, jugendlichere Sprache. Mit langer Motorhaube, langem Radstand, kurzen Überhängen, tief verlaufendem Dach und bulliger Heckpartie.

Die Sitzposition ist tief, der Ausstieg auch. Die Vordersitze, deren Kopfteil sich ungewöhnlich offensiv in Richtung Hinterkopf richtet (gut beim Heckcrash), beglücken Sportfahrer mit ordentlich Seitenhalt. Im auf zwei Sitzplätze ausgeformten Fond des Viertürers (fünfter Platz: klar Notlösung) dominiert ein höhliges Sitzgefühl, aber tatsächlich gibt es genug Kopfraum auch für Großgewachsene, die auch in erster Reihe gut sitzen, ohne viel hinten zu sehen.

Übersicht, die der Designer übrig lässt? Es bedarf einer Rückfahrkamera, um zu überblicken, was hinter den breiten C-Säulen und der hoch positionierten Heckscheibe abgeht – das ist modern, aber nicht praktischer. Beim Blick vom Fahrerplatz nach links-hinten hat der Schulterblick wegen der breiten B-Säule auch nix zu lachen. Genauso wenig rechts. Da stehen die B-Säule und die feststehende Kopflehne im Sichtfeld. Der Blick über die hoch angesetzte Motorhaube und die schmale Windschutzscheibe ist sportlicher als früher. Praktischer war allerdings der Kofferraum der alten A-Klasse, die mit dem Hochdach auch bereit war für hohes Sperriges. Was nun nicht mehr passt. Grund: die neue Tiefstapelei und die schmale Packluke des 341 bis 1.157 Liter Gepäck schluckenden Kofferraums.

A wie schicker. Der zentrale Monitor schaut so aus, als wäre Mercedes bei Apple zum Einkaufen gegangen. Der iPad-artige Bildschirm wird von Propeller-Luftdüsen überbaut. In Schwarz, mit mattem Alu und Carbonoptik herrscht im Innenraum ein cooler Look, umgeben von alten Bekannten: dem intuitiven Comand Dreh-Drück-Controller auf der Mittelkonsole, dem Lederlenkrad mit guter Multifunktionalität und Instrumentenziffern, die in dunklen Waldpassagen immer noch schwer ablesbar sind – in der Praxis ist daher der zweite, „digitale“ Tachometer im Bordcomputerdisplay vor der Nase aktiv. Die Sicherheit unterstützen neben ESP, das radargestützte „Collision Prevention Assist“ und weitere von höheren Daimler-Fahrzeugklassen bekannte Assistenzen. Und der Ton, fundamental im Bass und klar in den Höhen, stimmt auch – danke Harman/Kardon.

Heute: Wer an die A-Klasse denkt, denkt nicht mehr an den Elch. Stand die erste A-Klasse am Anfang ihrer Bauzeit für das Scheitern einer Fahrwerksabstimmung, steht sie nun für das Gegenteil. Das Fahrwerk wird zum überzeugenden Verkaufsargument. Man sitzt zwar nicht mehr so bequem hoch, aber dafür liegt die A-Klasse spaßig tief. Oder auch der Motor des A250. Der ist, kraftvoll wie sparsam, ein sehr guter Vierzylinder. Und die kleine Komode? Wer dem alten Konzept hinterhertrauert, sagt heute ganz einfach A statt B.


(Lothar Erfert)
Testwertung
4.0 von 5

Quelle: automobilmagazin, 2013-10-10

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