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Testbericht

Stefan Grundhoff, 19. November 2012
Es gibt weltweit kaum einen echten Konkurrenten für den übermächtigen Porsche 911 - besonders für den Turbo. Doch der Nissan GT-R hängt dem Über-Porsche schmerzhaft im Nacken.

Das Entwicklungsziel der Ingenieure für den Nissan GT-R war Mitte der 2000er Jahre klar anvisiert: den Porsche 911 Turbo angreifen. Jene nahezu perfekte Symbiose aus sportlichem Gran Turismo und Hochleistungssportwagen, an der sich die dünn besiedelte Konkurrenz seit Jahren erfolglos die Zähne ausbricht. Mittlerweile hat sich der sportlichste Serien-Japaner aller Zeiten einen festen Platz im Segment der Supersportcoupés gesichert. Nach den jüngsten Modifikationen und einem Leistungsnachschlag mehr denn je.

0 auf 100 in 2,8 Sekunden - diese Zahl muss man erst einmal sacken lacken. Aston Martin, Ferrari, Lamborghini, Bentley, Porsche, Pagani oder Mercedes - ihnen traut man vielleicht einen Tempo-100-Spurt in unter drei Sekunden zu. Doch auf einen Nissan kommt in dieser Disziplin kaum jemand. 2,8 Sekunden - das brennt noch mehr als eine Höchstgeschwindigkeit von 315 km/h. Einmal mehr, weil der Nissan GT-R Track Pack bei aller Sportlichkeit so aussieht, als könnte er kein Wässerchen trüben. Klar: breit, flach, bullig und sportlich ist das Powercoupé aus Japan allemal. Doch 404 kW / 550 PS traut man ihm selbst bei einem Blick auf das kastige Hinterteil und die vier bei genauerem Hinsehen immer größer werdenden Endrohre nicht zu. Im Praxistest war es mit den in Aussicht gestellten 11,8 Litern Super nicht weit her. Unter 15 Litern war nichts zu machen und bei flotter Gangart donnerten fast 17 Liter durch die Hochleistungseinspritzdüsen. Das ist auch in einer solchen Sportwagenliga schlicht zu viel.

Das Ziel im Nissan-Fadenkreuz hieß und heißt Porsche 911 Turbo und so überrascht es nicht, dass ein 3,8 Liter großer Sechszylinder mit doppelter Turboaufladung die Grenzen der Sportlichkeit am Steuer des Nissan GT-R ein nennenswertes Stück nach oben drückt. Natürlich arbeitet im Skyline GT-R kein Boxertriebwerk und selbstredend liegt das Kraftpaket im Vorderwagen und nicht im Heck. Hier bleibt die Kanonenkugel aus Zuffenhausen einzigartig. Doch der Nissan GT-R ist in Sachen Fahrdynamik grandios. Das wird im japanisch verspielt wirkenden Cockpit mit Preiswertcharme schnell klar. Hier lieblose Analoguhren - da ein digitaler Multifunktionsbildschirm der jedem Computerspiel zur Ehre gereichen würde. Ordentliche, aber nur mäßig konturierte und einstellbare Sportstühle, ein griffiges Steuer und ein Starterknopf der auf der Mittelkonsole mehr an einen Taster zum Raketenabschuss erinnert, sind Insignien eines Supersportlers, der alles, nur nicht allzu dick auftragen möchte.

Der Nissan GT-R ist im Innern mindestens ebenso ein Werkzeug, wie von außen. Auffallen um jeden Preis? Dafür sind andere da. Technisch, fast puristisch und nahezu alles der Praktikabilität unterworfen - das ist der spektakulär unspektakuläre Japaner. Einer wie keiner; einer, der sich an nur an und mit einem messen möchte - dem 911 Turbo, dem er mächtiger denn je zusetzt. Hinter dem Steuer wird schnell klar, dass das hier keine Spaßveranstaltung läuft. Das Doppelkupplungs-Getriebe zeigt sich besonders bei langsamer Stadtfahrt nur mäßig überzeugend. Gewaltige Kräfte und die Hoffnung des Motors gleich zu Höchstleistungen aufgefordert zu werden sorgen dafür, dass in Sachen Komfort beim Gangwechsel Wünsche offen bleiben. Die 632 Nm maximales Drehmoment zwischen 3.200 und 5.800 U/min und zwei züngelnde Turbos hoffen, dass das schnöde Trödeln auf dem mittleren Ring bald ein Ende hat und es in freie Natur hinausgeht. Landstraße, Autobahn, Rennstrecke - egal. Hauptsache Dauerfeuer.

Auf trockenem Untergrund ist der 4,67 Meter lange Nissan GT-R mit seiner gigantischen Leistung von 550 PS ein reiner Hecktriebler. Unterhalb von Tempo zehn wird der Japaner der leichteren Rangierbarkeit wegen immer ausschließlich über die Hinterachse angetrieben. Erst wenn die hinteren Räder die Haftung verlieren, kommt die Vorderachse zu vehementem Muskeleinsatz, die maximal die Hälfte der Motorleistung in sich aufnehmen kann. Der Kraftfluss geschieht schnell und unmerklich für den Fahrer, der nur darüber mit der Zunge schnalzen kann, wie grandios der GT-R jedweden Antritt in den Asphalt bannt. Der Vortrieb findet gefühlt kein Ende. Egal, in welchem Geschwindigkeitsbereich man auch unterwegs ist. Der stärkste Nissan kann und will immer. Schneller, höher, weiter. Untermalt von einem sonoren, aber nie aufdringlichen Klang wird der Fahrer in die mäßigen Sitze gepresst und die digitalen Anzeigeelemente manifestieren den Vortrieb visuell.

Dabei ist es nicht allein das Triebwerk, das begeistert. Das Fahrwerk mit seinen drei einstellbaren Modi bietet nicht nur nennenswerten Restkomfort, sondern auch den rechten Nährboden für sportlichsten Vortrieb. Vorne wurde mit besonders breiter Spur eine Doppelquerlenkerachse aus geschmiedetem Aluminium und Federbeinen verbaut. Hinten ist die Multilinkkonstruktion aus geschmiedetem Leichtbau nicht weniger aufwendig. Das Handling ist eine Klasse für sich, wenn auch das hohe Gewicht von über 1,7 Tonnen und die Lenkung nicht ganz auf dem Niveau des 911er-Vorbilds sind. Überzeugen kann die Bremsanlage, die bei geringer Temperatur und Beanspruchung zum Beispiel in der Innenstadt ähnlich ungelenk wie das Doppelkupplungs-Getriebe wirkt. Bei allem Alltagsnutzen macht der Nissan GT-R keinen Hehl daraus, dass er für die härtere Gangart und ambitioniertere Fahrweisen gemacht ist.

Dabei unterstreicht das Platzangebot mit den beiden großen Ablagen hinter den vorderen Sitzen bei der Variante "Track Pack" und dem 315 Liter großen Laderaum, dass der GT-R durchaus ein Begleiter für jeden Tag sein kann. Ist für einen Preis ab 92.400 Euro auch zu verlangen. Den besonders ambitionierten Nissan GT-R Track Pack mit Hochleistungsbremsanlage, Innenraumdetails sowie optionaler Titan-Abgasanlage und Heckflügel aus Karbon (zusammen 13.300 Euro Aufpreis) für 103.800 Euro kann man sich getrost sparen. Der Standard-GT-R ist ideal. Wenn der Japaner irgendwo patzt, dann sind es die Assistenzsysteme. Hier präsentiert er sich mehr denn je auf den Spuren des 911 Turbo, denn auch der bietet hier kaum mehr als das nötigste. Der Japaner will insbesondere eines sein: eine grandiose Fahrmaschine. Und die mimt er nahezu perfekt.

Quelle: Autoplenum, 2012-11-19

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