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Testbericht

Sebastian Viehmann, 4. November 2010
Blauer Lack, schwarzes Leder, zwei Sitze, Keramikbremsen, Heckantrieb und 408 PS. Man füge zur Formel noch eine kurvige Landstraße hinzu, schon wird der Porsche Speedster zum Energy-Drink. Nur 356 Piloten werden in diesen Genuss kommen.

Für Ferry Porsche war die Sache klar: „Fahrspaß wird nicht durch Komfort erzeugt“, lautete die Devise des Sportwagen-Konstrukteurs. So ist denn auch der 356 Speedster von 1954 Porsche in Reinform: 760 Kilo Lebendgewicht, leichte Schalensitze, eine superkurze Windschutzscheibe und ein flatterndes Notverdeck konzentrierten die Aufmerksamkeit des Piloten allein auf die Straße. Vorbild ist der America Roadster von 1952. Luxusextras darf der Wagen auch deshalb nicht haben, weil Porsche ihn in den USA für 3000 US-Dollar verkaufen will.

Speedster blieben immer die Ausnahme bei Porsche. Nach dem Urmodell gab es die „G-Serie“ von 1988 und den 911 Carrera 2 Speedster in den Jahren 1993 und 1994. Jetzt folgt Nummer vier. Es sei gar nicht so einfach gewesen, aus dem aktuellen 911er einen Speedster zu machen, sagt Karosserie-Entwicklungschef Dominik Beierl. „Uns war klar: Der Wagen muss flach und breit sein und eine Double Bubble haben, also die beiden Höcker hinter den Sitzen. Und wir mussten das Auto deutlich vom 911 Cabrio absetzen“, berichtet Beierl. Optisch ist der Speedster die offene Version des 911 Sport Classic. Er hat die gleiche markante Front mit der breiten Schürze und den winzigen Kühlschlitzen für die Bremsen.

Den Speedster gibt es nur in weiß oder im kräftigen Blauton „True Blue“, mit einer dazu passenden schwarz-blauen Lederausstattung. Sein dickes Hinterteil ist das Markenzeichen des Autos. Unterbrochen wird der voluminöse Doppelhöcker durch zwei Klappen, die eine lebenswichtige Funktion erfüllen: Im Fall der Fälle schießen hier in Sekundenbruchteilen die mit Federn vorgespannten Überrollbügel heraus.

Dieses Schauspiel werden Speedster-Piloten aber kaum jemals zu Gesicht bekommen, denn der 4,4 Meter lange Sportwagen steht mit seiner breiten Spur und den dicken 19-Zöllern so felsenfest auf dem Asphalt, als habe man ihn daran fest getackert. Die Hinterreifen in der Dimension 305 sind echte Walzen, vorn rollt der Speedster auf 235er Pneus. 62 Prozent des stolzen Wagengewichts von 1,5 Tonnen lasten auf der Hinterachse. Die gegen Null gehende Wankneigung des Autos ermuntert zu deftigen Querbeschleunigungen, bis es dem Heck irgendwann zu bunt wird und der Fahrer mit einem kurzen, aber beherzten Manöver gegensteuert.

Bei der wilden Kurvenhatz dient die ins Lederlenkrad eingenähte Zwölf-Uhr-Markierung als Orientierungspunkt, und wie vom 911er gewohnt ist die Lenkung bei jedem Tempo höchst präzise. Im Heck tobt sich derweil der 3,8 Liter große wassergekühlte Sechszylinder-Boxer aus dem 911 Carrera GTS aus. Das bedeutet im Vergleich zum normalen Carrera S einen Leistungsnachschlag, 408 PS (300 kW) und 420 Newtonmeter Drehmoment machen sich über die Hinterachse des Speedster her. Bei jedem Gasstoß schlägt der Boxer kräftig, aber kontrolliert zu und schiebt den Wagen mit sauberer Traktion in 4,4 Sekunden von 0 auf 100 Km/h (0 auf 200 Km/h in 15 Sekunden).

Die Schaltarbeit überlässt man gänzlich dem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe oder legt mit den Wippen am Lenkrad selbst Hand an. Zur Ruhe kommt die Tachonadel erst jenseits der 300er Marke. Mit der Sport Plus-Taste an der Mittelkonsole spricht der Motor noch giftiger und schneller aufs Gas an, die höheren Drehzahlen machen sich auch in der Soundkulisse bemerkbar. Denn im Normalzustand brummelt der Sechszylinder eher unscheinbar und fast etwas lustlos vor sich hin.Die Luftverwirbelungen im Cockpit halten sich trotz des um 60 Millimeter gekürzten Frontscheibenrahmens in Grenzen, durch die tiefe Sitzposition und die weit nach hinten gezogene Scheibe wird der Pilot nicht zum Fliegenfänger. Das Verdeck ist mehr als nur ein Notzelt, doch es erfordert eine ganze Reihe von Handgriffen. Elektrisch funktioniert nur das Entriegeln des Verdeckdeckels, dann folgt eine sorgfältig choreographierte Prozedur des Klappens, Verstauens und Verriegelns.

Mit dem puristischen Flitzer von einst hat der technologisch hochgerüstete Speedster trotzdem nicht mehr viel zu tun. Das gilt auch für den Preis. Im Jahr 1954 kostete der 356 Speedster 12.200 D-Mark. Fast sechs Jahrzehnte später muss man schon etwas mehr auf den Tisch legen – wenn man überhaupt einen bekommt: „Bis Weihnachten dürften alle weg sein“, schätzt Porsche-Sprecher Eckhard Eybl. Der 201.682 Euro teure Wagen ist auf 356 Exemplare limitiert. Für das stolze Sümmchen gibt es immerhin Vollausstattung ab Werk. Adaptives Fahrwerk, Hinterachs-Quersperre, Keramikbremsen, Bi-Xenon-Scheinwerfer mit Kurvenlicht, Navigationssystem und alles andere auch hat der Speedster an Bord, aufpreispflichtig ist lediglich die Werksabholung in Zuffenhausen.

Für das stolze Sümmchen gibt es immerhin Vollausstattung ab Werk. Adaptives Fahrwerk, Hinterachs-Quersperre, Keramikbremsen, Bi-Xenon-Scheinwerfer mit Kurvenlicht, Navigationssystem und alles andere auch hat der Speedster an Bord, aufpreispflichtig ist lediglich die Werksabholung in Zuffenhausen. Von dort werden sich die blauen Renner wohl bald in alle Winde verstreuen. 100 Autos gehen in die USA, 70 sind für Deutschland verfügbar, auch aus China und dem Mittleren Osten flatterten die ersten Bestellungen ins Haus.Dass viele Speedster häufig über den Asphalt gescheucht werden, ist unwahrscheinlich, denn der Zweisitzer war schon immer eine rollende Wertanlage. Für einen top-gepflegten 356 Speedster von 1954 zum Beispiel muss man heute mehr als 100.000 Euro einplanen.

Quelle: Autoplenum, 2010-11-04

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