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Autoplenum, 2010-05-27

Porsche Cayman S - 911 auf der Spur

Testbericht

Stefan Grundhoff

Der Porsche Cayman kratzt immer mehr am Thron des übermächtigen
911ers. Fahrdynamisch ist der kleine Bruder gerade als Cayman S seinem
Vorbild mächtig auf den Fersen.

Es ist erst ein paar Jahre her, da bestand Porsche aus kaum mehr als dem
Evergreen 911. Nach Markenflops wie 924, 928 oder 968 sind die
Schwaben seit Jahren prächtig in der Spur. Durch Modelle wie Cayenne,
Panamera oder Boxster haben sich die Zuffenhausener Zeiten
eindrucksvoll geändert. Während diese drei Modelle andere Segmente
abdecken, pirscht sich der Cayman gerade als nachgeschärftes S-Modell
nahe an den Übervater heran.

Einst hätten sich die 911er-Kunden glücklich geschätzt, hätten sie über
eine Motorleistung von 320 PS verfügen dürfen. Nach der letzten
Leistungsspritze und der Einführung der neuen Direkteinspritzer-
Triebwerke arbeitet im Zentrum des Cayman S ein 3,4 Liter großer
Boxermotor mit 235 KW / 320 PS und einem maximalen Drehmoment
von 370 Nm bei 4.750 U/min. 0 auf 100 km/h in 5,1 Sekunden und eine
Höchstgeschwindigkeit jenseits der 275 km/h würden nach wie vor auch
jedem 911er gut zu Gesicht stehen. Doch es ist nicht allein der Vortrieb,
der einen darüber nachdenken lassen könnte, ob es tatsächlich ein 911er
sein muss. Denn der Porsche 911 hat sich nach den letzten optischen und
technischen Modifikationen insbesondere preislich in eine andere Liga –
oberhalb von 100.000 Euro - verabschiedet.

Fahrdynamisch gibt es für den Alltagspiloten kaum Gründe, den
heckbetonten Porsche 911 seinem Mittelmotor-Nachfahren vorzuziehen.
Das geringe Leergewicht von 1.350 Kilogramm macht sich in jeder Kurve
bemerkbar und der 3,4 Liter große Sechszylinder brüllt hinter den griffigen
Sportsitzen derart laut, dass schon beim ersten Hinhören kein Zweifel an
den beeindruckenden Fahrleistungen besteht. Dabei ist das Triebwerk
nach den jüngsten Modifikationen mehr denn je auf eine engagierte
Zusammenarbeit mit dem siebenstufigen Doppelkupplungs-Getriebe PDK
abgestimmt. Im Automatikmodus dreht der Boxermotor bei langsamer
Fahrt kaum mehr als 1.500 Touren – niedriger als jeder Pilot ihn mit dem
knackigen manuellen Sechsgang-Schaltgetriebe fahren würde. Schon ab
Tempo 60 brabbelt der Sechszylinder im sechsten automatisierten Gang
vor sich hin. Ein vehementer Druck auf das rechte Pedal und die
Schaltung springt bis zu vier Stufen zurück und peitscht den Hecktriebler
auf dem Weg zu neuen Bestleistungen unnachgiebig nach vorn.

Die Gewichtsverteilung ist mittelmotortypisch vorbildlich und so lässt sich
der Cayman S auch im Grenzbereich problemlos im schnellen Galopp
bewegen. Das Heck stellt sich nur dann aus, wenn der Fahrer es mit
Gasstößen dazu animiert. Nach wie vor ein Genuss ist die präzise
Lenkung, mit der der Fahrer jede noch so enge Kurve zentimetergenau
anpeilen kann, um sie Sekunden später in schneidiger Fahrt zu
durchpflügen. Dabei wirkt der Cayman S nie so bullig und kraftvoll wie ein
911er, aber leichtfüßiger und sportlicher denn je. Im direkten Vergleich
kann das schon einmal hektisch und allzu ambitioniert erscheinen, gerade
wenn der stärkste Cayman mit einem Sportpaket ausgestattet ist, das
neben Sportsitzen und elektronisch einstellbaren Dämpfern auch 19-Roll-
Räder bereitstellt. Für den sportlichen Tatendrang eine prima Sache;
ansonsten aber überflüssig. Die 18-Zöller des Cayman S reichen mehr als
aus. Die elektronischen Dämpfer sind in ihrer Spreizung dagegen sinnvoll,
bieten sie dem Porsche-Fahrer jedoch alle Möglichkeiten von straff bis
hart.

Ebenso wie die meisten anderen Hersteller werden auch bei Porsche die
Lichtsysteme immer wichtiger. So geht es nicht nur um den rechten
Durchblick bei Dunkelheit, Regen oder Nebel, sondern auch eine
unverwechselbare Note, die man im alltäglichen Straßenverkehr
hinterlässt. Die LED-Rücklichter können mit ihrer Muschelform bei Nacht
gefallen. Das Tagfahrlicht des Cayman ist mit den schmalen
Horizontalstegen in der Frontschürze jedoch nicht derart einprägsam wie
das des 911ers. Der Innenraum des Porsche Cayman ist wertig; Schalter
und Bedienheiten sind übersichtlich und gut bedienbar; jedoch fehlt nach
wie vor der letzte Chic und etwas Detailliebe. Groß ist der Unterschied
zum großen Porsche 911 nicht. Beim Kofferraum ist der Cayman
bauartbedingt durch seinen Mittelmotor sogar im Vorteil. Die Laderäume
vorne und hinten schlucken zusammen 410 Liter. Das reicht für alles
Wesentliche.

Der Basispreis des Porsche Cayman liegt bei 50.314 Euro. Der stärkere
Cayman S startet bei knapp 62.000 Euro. Schon aufgrund der schlechten
Serienausstattung ist der Einsteiger-Porsche damit alles andere als ein
Schnäppchen. Denn ohne Xenonlicht, Voll-Ledersitze, Navigationssystem
und kleinen weiteren Annehmlichkeiten sollte man seinen Cayman S gar
nicht erst bestellen. Allzu schnell fällt dann die 70.000-Euro-Marke. Das
knapp 3.000 Euro teure Doppelkupplungs-Getriebe ist praktisch; jedoch
zu teuer und alles andere als Muss. Mit ihm verspricht Porsche einen
Durchschnittsverbrauch von 9,4 Liter SuperPlus auf 100 Kilometern. Das
ist ein halber Liter weniger als mit der serienmäßigen
Sechsgangschaltung. In der Realität verbraucht der Cayman S jedoch
auch mit PDK elf Liter auf 100 Kilometern. Damit ist der Zuffenhausener
Emporkömmling schon aufgrund der 320 PS Leistung kein Säufer, aber
auch kein Sparwunder. Start-Stopp-Automatik und Turboaufladung
glitzern daher bereits auch hier am Horizont.

Wer sich für einen sportlichen und vergleichsweise preiswerten Porsche
interessiert, sollte es beim normalen Porsche Cayman belassen. Der ist
mit seinen 265 PS sportlich genug und man muss für eine entsprechende
Serienausstattung sowieso noch 10.000 Euro an Extras draufrechnen.
Der Cayman S ist fahrdynamisch eine Versuchung und der 320 PS starke
Motor lässt einen geräuschstark am Thron des übermächtigen 911ers
kratzen. Doch was fehlt, ist das Image. Denn ein Cayman ist eben kein
Porsche 911. Das merkt man auch beim Wiederverkauf. Der Abstand auf
der Straße ist kleiner denn je; doch nicht in den Köpfen der Kunden. Das
ändern auch die deutlich niedrigeren Unterhaltskosten nicht.

Quelle: Autoplenum, 2010-05-27