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Testbericht

Günter Weigel/SP-X, 30. August 2017

Schön sieht er aus, der langgestreckte Zweisitzer. Flach, breit, edel und stark. Für viele ist er der echte SL: wirklich sportlich und leicht, anders als sein komfortabler Verwandter aus Stuttgart. Dieser Affalterbacher Sportwagen hat nichts mit dem Mercedes SL zu tun, bedient aber die gleiche Klientel, oder zumindest den Teil, der sich noch selbst für sportlich genug hält, einen klassischen Roadster auch mal dynamisch zu bewegen. Und an dieser Stelle tritt der AMG GT Roadster dann auch, anders als der betulichere SL, in direkten Wettbewerb zum deutschen Sportwagen-Klassiker Porsche 911.

Schon die Basisversion, die wir im Alltagstest fuhren, klingt echt böse. Sattes V8-Brabbeln, notfalls auch mal Bellen – man kann die Nachbarschaft zum Hingucken bringen, wenn sie es ob der schönen Form nicht ohnehin schon tut. Dafür hat AMG extra den Spielschalter für das Sounddesign an der Mittelkonsole angebracht. Er hat keinen weiteren Nutzen, als den Klang zu verstärken. Die übrigen Tasten rund um den Schalthebel lassen Eingriffe ins Fahrwerk, die Motorsteuerung oder den Grad der ESP-Regelung zu. Wer will, kann sich sein individuelles Sicherheitsnetz sehr locker knüpfen. Muss man aber nicht.

Was die Fahrwerksabstimmung angeht empfehlen unsere Bandscheiben, dringend die Einstellung „Comfort“ zu wählen. Anders als im SL ist der Sitz nämlich nur recht dünn ausgekleidet. Das erleichtert zwar die Aufnahme unserer eher gut gepolsterten Körperteile, setzt diese dann aber auch umso ungefilterter sportlichen Stößen aus. Jedenfalls erinnerte unser Rücken nach der ersten Stunde Fahrt nachhaltig an seine Anwesenheit. Und das, obwohl wir auf einer relativ glatten Autobahn unterwegs waren.

Der aufgeladene Vierliter bringt seine 350 kW/476 PS nebst 630 Newtonmetern recht vehement ins Spiel. Die Beschleunigung bis in Geschwindigkeitsbereiche über 270 km/h verläuft linear und gut spürbar. Leider bietet selbst in einem solchen Fahrzeug auch eine unlimitierte deutsche Autobahn allerlei Frustpotential. Erst machte sich ein Alfa Giulia Quadrifoglio im Rückspiegel breit und verschwand dort erst, als wir ihn bei drohendem nächsten Tempolimit und knapp 280 km/h vorbeiließen – gut, der hatte mehr PS. Dann kamen wir im leicht fließenden Abendverkehr über rund 50 Kilometer nicht wirklich von einer aktuellen Mercedes E-Klasse mit kleinem Dieselmotor weg.

Nun könnte man einwenden, wir hätten zu wenig Gas gegeben, aber wir wollten mit einem Stück Restvernunft nicht zu den bösen Rasern zählen und weder zu dicht Auffahren noch sonstige Kapriolen treiben, die man tunlichst auch mit einem AMG-GT nur abgesperrten Pisten vorbehalten sollte. Die mögliche Höchstgeschwindigkeit von 302 km/h haben wir daher verkehrsbedingt und erwartungsgemäß nicht verifizieren können.

Das muss man auch nicht, um in dem Roadster jede Menge Spaß zu haben. Der geht eigentlich schon los, wenn man zum Auto geht und dabei mit dem Schlüssel das Verdeck öffnet. In wenigen Sekunden wird so aus der recht dunklen Fahrhöhle ein lichter Vergnügungsplatz. Nebenbei gelingen Ein- und Aussteigen Fahrern im solventen Mercedes-Alter bei offenem Dach eleganter. Notfalls schließt sich das Verdeck auf Knopfdruck unterwegs im Stadtverkehr in wenigen Sekunden, was im unberechenbaren Spätsommer 2017 eine sehr lobenswerte Eigenschaft ist.

Am meisten Spaß bringt der Zweisitzer, wenn man ihn auf freien Landstraßen durch die Kurven treibt und den Weg das Ziel sein lässt. Den darf man übrigens auch zu zweit genießen, denn der Kofferraum schluckt zwar nominell nur 165 Liter, für eine Reisetasche oder zwei reicht das aber allemal.

Geld darf beim Kauf eines solchen Fahrzeugs natürlich keine Rolle spielen. Zumal, man mag es kaum glauben, der AMG-GT zwar zu den teuren, aber doch nicht zu den ganz kostspieligen Fahrzeugen gehört. Preislich liegt er mit 129.180 Euro ohne Extras in etwa auf dem Niveau eines SL 500 oder eines 911 Cabrios und hat verglichen mit diesen beiden Klassikern nachgerade Exotenstatus. Übrigens ist der Verbrauch durchaus angemessen. Die 9,4 Liter Superplus der Norm konnten wir nicht erreichen, aber Werte um 10 Liter sind bei sehr leichtem Gasfuß möglich. Im Schnitt verbrauchten wir 11,7 Liter, maximal verbrannten rund 18 Liter in den acht Zylindern. Das sind zwar alles keine Werte, die gewissen Umwelt-Institutionen glücklich machen, aber das ist ja auch nicht die primäre Aufgabe eines Sportwagens.

Manchmal macht es einfach Freude, ein schönes Auto auch mal schnell zu fahren. Wenn es dabei noch toll klingt, umso besser. Frustpotenzial gibt es aber trotzdem.

Fazit
Manchmal macht es einfach Freude, ein schönes Auto auch mal schnell zu fahren. Wenn es dabei noch toll klingt, umso besser. Frustpotenzial gibt es aber trotzdem.
Testwertung
3.5 von 5

Quelle: Autoplenum, 2017-08-30

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