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Testbericht

Stefan Grundhoff, 5. Oktober 2016
Teslas Model X ist irgendetwas zwischen Van, SUV und visionärem Zukunftstransporter. Und dabei beeindrucken nicht nur die Fahrleistungen des coolen Elektromodells.

Über Sinn und Unsinn eines Familientransporters mit über 500 PS und fast 1.000 Nm maximalem Drehmoment kann man nicht nur im Kreise seiner Liebsten vortrefflich streiten. Wer einmal auf die Autobahn A8 Richtung Salzburg auffährt und von Tempo 60 bis über 220 km/h ohne jede Mühe in Rekordzeit beschleunigt, sieht auf den umliegenden Passagierplätzen des Tesla Model X sprachlose Gesichter und offene Münder. Ganz klar, wenn der 2,5 Tonnen schwere Koloss Druck macht, gibt es kein Halten mehr. Vergeblich konkurrierende Fahrer von leistungsstarken Sportwagen glauben ihren Augen nicht zu trauen und schieben es auf Schaltfehler oder technische Unzulänglichkeiten. Der Vortrieb es mächtigen Tesla Model X ist groß, nein gigantisch. Dabei sind die fraglos spektakulären Fahrleistungen nur ein winziger Teil eines familiären Gesamtpakets, das seinesgleichen sucht.

Wenn es derzeit ein visionäres Auto frei käuflich zu erwerben gibt, dann ist es wohl genau jenes Model X, dessen polarisierendes Van-Design und gigantische Verkaufspreise verhindern, dass Heerscharen von Interessierten zu den Tesla-Händlern stürmen. Ein Druck auf den handschmeichlerisch geformten Schlüssel oder den Griff und die vorderen Türen entriegeln sich im vorauseilenden Gehorsam nicht nur, nein sie gleiten auf und verschließen sich vollelektrisch wieder ebenso wie von Geisterhand. Captain Future 3.0 - da steht er. Gleiches geschieht mit den hinteren Einstiegen, die weitgehend sinnfrei als Flügeltüren ausgeführt sind. Abgesehen vom Showeffekt vor Schule oder Restaurant hat das keinen realen Nutzen. Bisweilen hakt der ohnehin quälend lahme Öffnungsprozess und sorgt für überflüssiges Mehrgewicht. Dass das Konstrukt zu Lasten einer guten Karosseriesteifigkeit geht, dürfte die meisten Kunden dagegen kaum stören. Das Platzangebot in dem 5,04 Meter langen Amerikaner ist allemal ordentlich genug, als dass man meckern müsste. Fahrer und Beifahrer fällt neben dem puristischen Armaturenbrett insbesondere die überdimensionale Panorama-Windschutzscheibe auf, die sich bis über die Stirn der ersten Sitzreihe zieht. Nachteil: Herunterfahren lässt sich das Innendach bei niedrig stehender Sonne nicht und die seitlich befestigten Sonnenblenden sind keine Ideallösung.

Das Antriebspaket im Model X ist aufgrund seiner Plattform identisch mit der Luxuslimousine Model S. Da die Elektromotoren platzsparend direkt an den beiden Antriebsachsen verbaut sind und das mächtige Akkuvolumen im Unterboden verschwunden ist, gibt es vorne wie hinten entsprechende Koffer- und Knautschräume. Der Laderaum lässt sich auf Wunsch mit zwei Sitzen bestuhlen, die jedoch Kindern und kleineren Personen vorbehalten sein sollten. Klasse: der Fahrer kann über die vertikale 17-Zoll-Touchfläche, die die Mittelkonsole bildet, auch alle sieben Sitze einzeln verstellen oder beheizen (1.100 Euro Aufpreis). Der Einstieg in die dritte Reihe geht dabei am einfachsten, wenn die Stühle der Reihe zwei wie von Geisterhand nach vorne fahren. Wer sieht, wie gut das im Model X klappt, kann nicht glauben, dass selbst luxuriöse SUV und Vans das manuell den Passagieren überlassen. Das maximale Ladevolumen liegt je nach Sitzkonfiguration bei bis zu 2.180 Liter.

An das mächtige Touchpad in der Armaturenfläche gewöhnt man sich schneller als gedacht. Die meisten Bedienungen erklären sich selbst und wer seit Jahren ein Smartphone in der Tasche trägt, wird ohnehin kaum Bedienhürden finden. Etwas enttäuschender ist die schon die Instrumenteneinheit für den Fahrer, das karg betastete Lenkrad und die betagten Bedienelemente in Türen und am Lenkrad aus dem Hause Mercedes. Das würde man sich bei einem solchen Fahrzeug innovativer, cooler, vielleicht auch nur einfach anders vorstellen. Dabei gibt es auf einen Blick alle wichtigen Informationen wie Tacho, Restreichweite, Batteriestand, Fahrerassistenz, durchschnittlicher Energieverbrauch oder so schnöde Angaben wie Laufleistung, Uhrzeit der Radiosender. Informationen gibt das animierte Cockpit auch über den 3.300 Euro teuren Autopiloten, der sich durch zweimaliges Ziehen des Lenkstockhebels aktivieren lässt. Auf Autobahnen und Landstraßen klappt die Lenkunterstützung dabei sehr gut, wenn zwei Fahrbahnmarkierungen zu sehen sind oder ein Auto vorausfährt. Nur mit einer Markierung tut sich das System dagegen schwer. Angenehm: man muss wie vielen Wettbewerbssystemen nicht alle paar Sekunden ins Lenkrad greifen, denn des arbeitet längere Zeit autonom und führt den 2,5 Tonnen schweren Van sicher durch den Verkehr.

Beim Antrieb hat der Kunde die Wahl zwischen 60, 75, 90 oder nunmehr 100 kWh. Tesla verspricht je nach Batteriepaket und Antrieb vollelektrische Reichweiten zwischen 350 und 540 Kilometern. Ideal erscheint der Tesla Model X P 90 D mit 396 kW / 539 PS und 967 Nm maximalem Drehmoment, der bei munteren 131.300 Euro startet. Das üppige Fahrzeuggewicht von 2,5 Tonnen und der serienmäßige Allradantrieb sorgen dafür, dass der Amerikaner keinerlei Mühe hat, seine gewaltige Leistung auf die Fahrbahn zu bannen. Durchdrehende Räder versucht der Fahrer vergeblich zu provozieren. Wer will, kann mit dem Tesla Model X P 90D über 2,2 Tonnen mit einem Anhänger ziehen. Wenn es am Tesla Model X neben den wenig überzeugenden Fondflügeltüren etwas zu monieren ist, dann ist es seine Fahrwerksabstimmung. Gerade die Vorderachse lässt viele Komfortwünsche offen, denn sie federt trotz optionaler Luftfederung bei größeren Unebenheiten nervös an und gibt diese Unruhe an den Innenraum weiter. Punkten kann der Allradler jedoch mit seinem akkubedingt niedrigen Schwerpunkt und entsprechend beeindruckende Kurvengeschwindigkeiten.

Den Spurt 0 auf Tempo 100 schafft der Familienvan in knapp vier Sekunden. Das sind Leistungsdaten wie ein Mercedes AMG GT oder ein Porsche 911 Turbo - nur, dass diese nicht über bis zu sieben Sitzplätze verfügen. Die Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h sollten ebenso wie die maximale Reichweite von 467 Kilometern sollte für die allermeisten Fahrten ausreichen. Für Langstrecken muss ggf. an der Autobahn nachgeladen werden. Schnellladestationen gibt es zumindest an den großen Verbindungsstrecken. Auf jeden Fall kommt man um das optionale (1.600 Euro) Onboard-Schnellladepaket mit 16,5 kWh nicht herum. Statt der üblichen 48 km pro Stunde, lassen sich pro Stunde dann 72 Kilometer Reichweite in den Akkutank des Amerikaners laden. Der Einstiegsmodell Tesla Model X P 60 D liegt bei 86.300 Euro. Ein komplett ausstaffierter P 90 D verdoppelt diesen Preis auf rund 170.000 Euro problemlos.
Technische Daten
Antrieb:Allrad
Getriebe:Eingang
Motor Bauart:Elektromotor
Preis
Neupreis: 131800 € (Stand: 2016-10-05)
Testwertung
4.5 von 5

Quelle: Autoplenum, 2016-10-05

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