Toyota Sai Hybrid - Prius fürs Auge
Testbericht
Die Öko-Ikone Toyota Prius ist längst in der dritten Auflage auf den
weltweiten Straßen unterwegs. In Japan gibt es seit Ende 2009 einen
deutlich sehenswerteren Bruder. Der Toyota Sai tritt mit Hybridantrieb und
Platz für fünf Personen gegen Konkurrenten wie VW Jetta oder Mercedes C-
Klasse an.
Knapp 2,5 Millionen Hybridfahrzeuge hat Toyota seit 1997 auf die Straße
gebracht. Allein das Hybrid-Urgestein Prius ist in seiner dritten Generation
beim Kunden. Zudem gibt es in weltweiten Feldversuchen die ersten
Erprobungsträger mit Plug-In-Hybrid, der an der Steckdose geladen werden
kann. Vieles hat sich geändert – doch schöner und kraftvoller ist der Prius
in den letzten 13 Jahren nicht geworden. So versperrt sich der wenig
elegante Öko-Japaner nicht nur bei ausgemachten Schöngeistern den Weg
in die Garage. In Japan ist seit rund einem halben Jahre der Toyota Sai auf
den Markt. Er präsentiert sich nicht nur optisch deutlich sehenswerter,
sondern bietet auch mehr Leistung. Der hätte auch in Europa eine Chance
verdient.
Seine Weltpremiere feierte der Sai auf der Tokio Motorshow im Herbst
vergangenen Jahres. Er ist der Zwillingsbruder des Lexus HS 250h, der
in den USA bereits seit Sommer 2009 als sehenswerter und
leistungsstärkerer Ableger des Toyota Prius angeboten wird. Das
Stufenheckmodell Toyota Sai soll in der japanischen Mittelklasse Zeichen
setzen, wo er mit Teilzeit-Elektrotechnik gegen so honorige Konkurrenz
wie BMW 3er, Audi A4, VW Jetta und Mercedes C-Klasse antritt. Auch
wenn der Sai die deutsche Konkurrenz in Sachen Dynamik und
sportlicher Eleganz kaum ernsthaft ausstechen kann: Hybridtechnik
bietet in dieser Klasse aktuell kein anderer. Auch der Toyota-Konzern
hatte die teure Hybridtechnik in der volumenstarken Mittelklasse lange
ausgespart. Hier konzentrierte sich alles auf den Prius, weil Modelle wie
der Toyota Camry Hybrid oder eben ein Lexus HS 250h lange Zeit nur in
den USA angeboten wurden. Mit dem durchaus noch innovativen, aber
nicht derart polarisierenden Design wie beim Toyota Prius will der Sai das
gerade in Japan allzu beliebte Stufenhecksegment angreifen. Eine
Mischung aus Bestseller Toyota Camry und VW Jetta gepaart mit der
Elektrotechnik.
Das Design des knapp 4,70 Meter langen Toyota Sai ist eher unauffällig.
Die Front ist glatt gebügelt und auch an den anderen Karosserieteilen sieht
man deutlich, dass sich die Designer um eine gute Aerodynamik bemüht
haben. Einen Hauch Zukunft gaukeln einem die glänzenden strahlenden
LED-Rückleuchten, sowie Frontschürze und Heckspoiler vor, die kaum den
glänzend-sportlichen Fahrleistungen des Saubermanns geschuldet sind.
Trotzdem bietet der Sai im Vergleich zu seinem Bruder Toyota Prius nicht
nur einen deutlich konservativeren Dress, sondern auch deutlich mehr
Leistung. Fährt sich die neue Prius-Generation III noch immer wie ein allzu
unwilliger Krieger, so versprechen die Leistungsdaten der
Stufenhecklimousine mehr. „Technisch basiert der Sai auf dem Lexus HS
250h, den wir seit letztem Sommer in Japan und den USA verkaufen“,
erläutert Ryuzu Oshita, bei Toyota Projektleiter für die Hybridantriebe.
Arbeitet im Prius ein schwächlicher Benziner mit 1,8 Litern Hubraum und
gerade einmal 99 PS, so wurde das Herz in seinem Bruder gegen ein 2,4
Liter großes Vierzylindertriebwerk ausgetauscht. Das leistet immerhin 106
kW / 147 PS und 187 Nm. Die Systemleistung aus Elektromodul und
Benziner steigt auf 138 kW / 187 PS. Die Mehrleistung lassen sich die
Japaner selbstverständlich auch auf dem Heimatmarkt teuer bezahlen.
Kostet das Basismodell eines Toyota Prius gerade einmal 2,1 Millionen Yen
(rund 17.300 Euro), so ist der Sai mit 3,4 Millionen Yen (ca. 28.000 Euro)
mehr als um die Hälfte teurer. „Das Topmodell des Sai liegt bei rund 4,3
Millionen Yen“, ergänzt Toyota-Entwickler Ryuzu Oshita.
Das Leistungsplus macht sich bereits nach wenigen Metern im
Stadtverkehr von Tokio bemerkbar. Der großvolumigere Benziner springt
schnell in die Bresche, wenn man die Langsamfahrt im Elektromodus
hinter sich gebracht hat. Jedoch hat der Toyota Sai mit dem gleichen
Problem wie der Prius zu kämpfen. Erfreut er Insassen und Passanten
bei langsamer Schleichfahrt mit nahezu lautlosem Elektrosurren, so
zeigt sich das Fahrzeug im normalen Vortrieb bei flotterer Gangart trotz
vergleichsweise starker Motorleistung von 187 PS allzu träge. Der Grund
liegt insbesondere in dem stufenlosen CVT-Getriebe, dass nicht nur
Fahrdynamiker an die Grenzen der Verzweiflung bringt. Ein forscher
Sprung in die Lücke im laufenden Verkehr oder ein ambitionierter
Überholversuch auf der Autobahn wollen daher gut überlegt sein. Den
Spurt 0 auf 100 km/h legt der Sai in knapp zehn Sekunden zurück. Die
Höchstgeschwindigkeit ist mit 180 km/h zumindest nach europäischen
Maßstäben allzu dünn. Ein vergleichbarer Benziner mit ähnlichen
Leistungsdaten schafft über 210 km/h und den Spurt 0 auf 100 km/h in
unter acht Sekunden - ganz abgesehen vom subjektiven, deutlich
trägeren Fahreindruck des Sai.
Toyota verspricht beim hybriden Mittelklassemodell einen günstigen, aber
nicht beeindruckend geringen Durchschnittsverbrauch von 6,7 Litern
Super auf 100 Kilometer. Für einen europäischen Mittelklasse-Diesel
ebenfalls keine Offenbarung, aber in Japan eine Hausnummer, die
gegenüber den oftmals wenig innovativen Konkurrenten durchaus Zeichen
setzt. Leider bleibt der Fronttriebler damit auch deutlich hinter dem Prius
zurück. Weniger Motorleistung, Gewicht und eine bessere Aerodynamik
lassen den Toyota Prius mit 4,7 Litern Super 100 Kilometer weit kommen.
Der Plug-In-Hybrid schafft noch einmal zwei Liter weniger. Ebenso wie
beim Prius kann der Fahrer des Toyota Sai seine Gangart nicht nur mit
dem Gasfuß beeinflussen. Am modern gestylten Armaturenbrett gibt es
eine Schaltereinheit, bei der zwischen den Fahrmodi Elektro, Eco und
Power gewählt werden kann. Ein besonderer Clou ist der so genannte
„Harmonious Driving Navigator“, wonach der Fahrstil des Piloten bewertet
wird. Online kann der Fahrer seine gesammelten Öko-Punkte wie bei
einem Computerspiel in Geld umwandeln und an die UNESCO spenden.
So sehr sich Technik und Gesamtkonzept von Toyota Prius und seinem
schickeren Bruder auch ähneln, so unterschiedlich präsentieren sich
beiden Fahrzeuge im Innenraum. Während der Prius im Innenraum mit
visionärem Cockpit polarisiert, geht es im Sai wie außen dezenter zu. Die
Sitze sind bequem und das Platzangebot ist ähnlich standesgemäß.
Jedoch wird das Konstrukt aus analogen Anzeigeelementen, optionalen
Ledersitzen und wenig anschmiegsamen Verkleidungen von einer
scheinbar frei schwebenden Mittelkonsole durchbrochen. Auf ihr findet
sich ein feinfühliger Controller, mit dem man die Maus des
Multifunktionsbildschirms führen kann. Erinnert anfangs sehr an ein
Computerspiel, doch man gewöhnt sich schnell. Ökologisch zeigt sich das
Interieur. Rund ein Drittel der verwendeten Kunststoffe stammt aus
biologischem Material. Die aufwendige Konstruktion mag jedoch nicht so
recht zu dem bleistiftdünnen Ganghebel passen, mit dem gleich
nebenan die einzelnen Fahrstufen angewählt werden. Immerhin:
Navigationssystem und Bluetooth-Modul sind serienmäßig. Wer will,
kann die komplette Ausstattung des Toyota Sai um
Spurwechselassistent, Einparkautomatik, Xenonlicht und Head-Up-
Display erweitern. Obwohl seit längerem ein klassischer Stufenheck-
Hybrid auch für den europäischen Markt im Gespräch ist, winkt der
Toyota-Konzern beim Toyota Sai ab. Hier soll es bis auf weiteres bei Prius
und dem Golf-Gegner Toyota Auris Hybrid bleiben. Und auch in Japan
hält sich das Interesse am Sai noch im Rahmen. Hybrid-Entwickler
Ryuzu Oshita: „Während wir vom Prius 10.000 Autos im Monat geplant
hatten und in guten Monaten auf bis zu 20.000 kommen, liegt die
monatliche Produktionskapazität für den Sai bei 3.000 Fahrzeugen.“
Weder im Innenraum noch von außen deutet viel auf das innovative
Antriebskonzept des Japaners hin. Neben dem kleinen Hybrid-Schriftzug
unter der hinteren Tür erkennt man ihn allein am Sai-Signet am Heck.
Wer das Gepäckabteil öffnet, muss nicht lange suchen, wo sich der
Akkupack befindet. Trotz Stufenheck-Designs fasst der Kofferraum gerade
einmal 340 Liter. Die Rückwand des Kofferraums zieht sich weit ins Innere
und hinter einer kleinen Klappe hat man einen winzigen Blick auf die
Akkutechnik. Die ist ebenso wie beim Toyota Prius wenig innovativ. Der 2,4
Liter große Verbrenner des Sai wird von einem vergleichsweise schweren
Nickel-Metallhybrid-Akku unterstützt. Toyota plant jedoch, den Akkupack
mittelfristig durch einen moderneren Lithium-Ionen-Akku zu ersetzen.





























