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Testbericht

Jürgen Wolff, 18. Juli 2008
Beide sind offen, beide wirken kernig, beide sind nicht gerade familienkompatibel. Opel GT und Honda S2000 setzen vor allem auf den Spaß am Fahren. Das allerdings mit durchaus unterschiedlichen Mitteln.

Warum die Rüsselsheimer ihren aktuellen offenen Zweisitzer "Opel GT" getauft haben, wissen wohl nur ein paar kreative Köpfe aus der Marketingabteilung. Denn mit dem klassischen Coupé aus den 70er Jahren hat der aktuelle Opel GT nicht viel gemein - außer seinen zwei Sitzen. Er wirkt vom Design her eher wie eine weichgespülte Version des rustikalen Opel Speedster, den Opel bis vor gut einem Jahr bei Lotus auf die Plattform des Elise montieren ließ, um - zumindest da erfolgreich - das altbackene Image der Marke aufzupäppeln. Doch auch diese Ähnlichkeit erweist sich schnell als weitgehend optisch: Im Vergleich zum Speedster ist der Opel GT geradezu ein Luxusgefährt. Aber genau die rustikale Beschränkung auf das Wesentliche hatte den Charme des Speedster ausgemacht: Maximaler Fahrspaß bei minimalem Gewicht und noch weniger Komfort.

Entsprechend vergleichbarer ist der Opel GT nun mit den anderen Vertretern der sportlichen Roadsterfraktion geworden. Zum Beispiel dem Honda S2000. Der gehört zu den Etablierten im Markt, wird seit dem Jahr 2000 gebaut und wohl bald von einem Nachfolger abgelöst. Übersetzt heißt das: Er ist ausgereift. Vom Opel GT kann man das nicht gerade behaupten. Er ist ein waschechter Amerikaner - und das merkt man. Vor allem in Sachen Qualität. Der GT ist für General Motors so eine Art Vielzweck-Roadster geworden und läuft nahezu baugleich zusammen mit dem Saturn Sky, dem Pontiac Solstice und dem Daewoo G2X in Wilmington/Delaware vom Band. Zwar kündet ein Aufkleber im Türrahmen davon, wie stolz die Mitarbeiter auf die Qualität ihres Produktes sind - die Realität ist anders.

Zwei Beispiele an unserem Testwagen: Die Pseudo-Lüftungsgitter auf der Motorhaube ragten gleich beide deutlich über dem Stanzrand hoch. Oder: Die Stromversorgung der Innenraumbeleuchtung ist im Rückspiegel untergebracht - die Kabel dafür liegen auf dem letzten Stück vor den Klemmverbindern völlig offen. Auch den Begriff "Spaltmaß" definiert GM gleich an einigen Stellen der Karosserie neu. Anders der Honda. Hochwertige und exakte Verarbeitung, wohin man blickt. Die Materialien wirken edel und robuster, nichts wirkt provisorisch, nichts einfach nur zusammengefummelt. Ein ausgereifter Japaner eben.

Aber ein enger. Wer sich in den Honda setzt, der muss die Nähe lieben. Schon der Einstieg selbst gestaltet sich deutlich mühseliger als beim Opel GT, der zumindest in dieser Beziehung die positiven Seiten seiner Herkunft herauskehrt. Er bietet deutlich mehr Platz und Bewegungsfreiheit. Und auch das Einsteigen ist deutlich entspannter. Aus der Enge im Honda haben die Konstrukteure allerdings auch ihr Gutes gezogen. Beim GT sind einige Bedientasten wie üblich im Lenkrad integriert. Beim Honda ist das überflüssig: Sein Lenkrad liegt so dicht vor dem Armaturenbrett, dass man mit den Fingern bequem an die dort griffgünstig platzierten Schalter kommt, ohne das Lenkrad loszulassen. Die Sitze sind beim Opel zwar breiter, aber auch nachgiebiger als im Honda. In beiden lassen sie sich für Passagiere bis 1,85 Meter Körpergröße gut nach hinten schieben. Was fehlt, ist Platz fürs Gepäck, ja selbst für die kleinen Dinge des Lebens. Beide Wagen haben als Ablage eigentlich nur ein jeweils fummelig zu öffnendes Fach zwischen den Sitzen, in das allenfalls Geldbeutel und Handy passen. Die Handschuhfächer sind mit den üblichen Fahrzeugpapieren- und -unterlagen schon so gut wie voll. Und die schmalen Schlitze an den Türen - na, ja.

Einen Kofferraum, den man wenigstens ansatzweise so nennen kann, hat nur der Honda. Auch der ist zwar zerklüftet und mit 143 Litern nicht wirklich nutzbar. Aber der Opel GT zeigt, dass man es noch schlimmer hinbekommt. Sein Kofferraum ist mit 153 Litern auf dem Papier zwar sogar etwas größer - der wuchtige Höcker des mitten im Kofferraum und über der Hinterachse montierten Tanks macht jedoch jeglichen Nutzwert zunichte. Da ist es auch schon wurscht, dass man bei geöffnetem Verdeck dann gar keinen Platz mehr hat. Beim Honda reicht es wenigstens noch für eine Aktentasche. Beide Roadster haben Stoffverdeck. Beim Honda lässt es sich deutlich bequemer und wenigstens halbautomatisch öffnen. Beim Opel gerät auch das zur Fummelei. Dank des Tank-Höckers lässt sich das Verdeck nur mit viel Drücken und kräftigem Zuschlagen der Heckklappe verstauen. Und auch die Verdeckfinnen wollen mit Kraft wieder eingerastet werden. Wer offen fährt, muss bei beiden Frischluftsportlern mit kräftig Wind im Haar rechnen.

Kraft unter der Haube haben beide Roadster. Sie bringen sie nur unterschiedlich auf die Straße. Dem Honda merkt man die Erfahrungen aus dem Motorradbau an - und das macht seinen eigentlichen Reiz aus: Der Alu-4-Zylinder mit seinen satten 177 kW/240 PS aus zwei Litern Hubraum dreht so endlos hoch, dass es eine Freude ist. Bis zu 9000 Touren lassen jede Beschleunigung bei der Auffahrt auf eine Autobahn zum Fest für die Sinne werden. Einfach Gas geben. Und Gas. Und Gas. Wo der Opel schon zwei Mal um den nächst höheren Gang gebettelt hätte - der Honda zieht fröhlich ohne Schalten weiter. Dumm, dass sich das nicht nur in einer Beschleunigung von 0 auf 100 km/h binnen 6,2 Sekunden ausdrückt, sondern auch in einem satten Spritverbrauch. Den gibt Honda vorsichtigerweise schon mal mit 9,9 Liter SuperPlus auf 100 km/h an. Wer dennoch schalten will, der wird an dem knackigen Sechsgang-Getriebe mit seinen sehr kurzen Schaltwegen ähnlich viel Freude wie an der Drehfähigkeit des Motors haben.

Der mit knapp 1,4 Tonnen Leergewicht nur wenig schwerere Opel GT ist mit 5,7 Sekunden für den Spurt auf 100 km/h deutlich fixer als der Honda. Nur: Man merkt es bei ihm subjektiv nicht so. Sein Zwei-Liter-Vierzylinder bringt es mit 194 kW/264 PS dank Turbo-Unterstützung auf 24 PS mehr als das Aggregat des Honda. Doch legt er ein deutlich zivileres Beschleunigen hin - mit mehr Schaltarbeit und weniger Renn-Akustik. Auch beim Opel sind die Schaltwege kurz, allerdings fühlt sich die Schaltung selbst etwas schwammiger an. Der Verbrauch ist mit 9,2 Litern Super nur unwesentlich günstiger - zumal man beide Roadster mehr mit Spaß am Fahren als am Sparen bewegen dürfte. Was das Fahrverhalten angeht, macht der Honda wieder mehr Punkte als der Opel. Der Japaner liegt nicht zuletzt auch dank seiner verwindungssteifen Karosserie und des harten Fahrwerks straff auf der Straße und lässt sich von nichts beirren. Die kräftigen Bremsen verzögern prompt. Der Geradeauslauf ist perfekt, in Kurven läuft er präzise der Lenkeinstellung nach. Der Opel hat merkbar mehr Stress, seine Kraft auf die Straße zu bringen. Bei straffem Beschleunigen beginnt er gern zu schwänzeln, bis ihn das ESP jedoch schnell wieder einfängt. Die Endgeschwindigkeiten liegen wenig auseinander: Der Honda kommt auf 240 km/h, beim Opel ist schon 10 km/h früher Schluss. Beides reicht völlig.

Wirklich preiswert sind beide nicht - besonders, weil sie zur Zweitwagen-Strategie zwingen, um die üblichen Lasten des Alltags zu bewegen. Getränkekisten etwa lassen sich höchstens auf dem Beifahrersitz transportieren. Oder eben im zusätzlichen Familienkombi. Mit 32.180 Euro ist der Opel zwar sehr deutlich teurer als seine baugleichen US-Kollegen - aber immer noch fast 6000 Euro günstiger als der Honda S2000 mit seinem Basispreis von 37.950 Euro. Immerhin sind beide dafür ziemlich komplett ausgestattet. Wem eine gehörige Portion Fahrspaß dieses Geld wert ist, der wird bei beiden Roadstern auf seine Kosten kommen. Wer auf Qualität Wert legt, nur beim Honda.

Quelle: Autoplenum, 2008-07-18

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