VW Gol und Suran - Die Südamerika-Connection
Testbericht
In Europa ist der VW Golf seit seiner Markteinführung Mitte der 70er
Jahre ein absoluter Bestseller; in Deutschland unangefochten die Nummer
eins. Kaum anders sieht es in Südamerika aus. Hier ist der Gol – ohne „f“
– das beliebteste Auto.
Wenn die Südamerikaner eines nicht gebrauchen können, sind es teure
Autos. Egal ob auf dem Massenmarkt Brasilien mit seinen mehr als drei
Millionen Neuzulassungen pro Jahr oder im ebenfalls bedeutenden
Flächenstaat Argentinien. Mehr als 60 Prozent aller Fahrzeuge kommen
hier aus dem Kleinwagensegment. Oberhalb der Mittelklasse spielen sich
gerade einmal fünf Prozent alle Autokäufe ab. Volkswagen hat in
Südamerika neben Chevrolet die Hosen an. Was dem Europäer sein
geliebter Golf, ist dem Südamerikaner sein VW Gol. Dabei wurde nicht nur
der letzte Buchstabe schlicht eingespart, sondern auch mehrere tausend
Euro und mehr als 20 Zentimeter. Der VW Gol und das seit einem Jahr
auf dem Markt befindliche Modell des deutlich moderneren Gol Trend sind
die Verkaufsrenner im Hause Volkswagen und zusammen erfolgreicher als
der Chevrolet Corsa auf Platz zwei. Von der Größe entsprechen sie mit
einer Länge von unter vier Metern ungefähr dem europäischen VW Polo
und bieten Platz für vier oder fünf Personen und das kleine Reisegepäck.
„Wir bieten hier in Argentinien auch den Golf an“, erzählt Ernesto
Badassare, Presidente von Maynar Motors, dem größten Autohaus von
Buenos Aires, „das ist aber noch der Golf IV. Die Versionen V oder gar VI
sind hier einfach zu teuer. Die Leute wollen billige Autos.“ So ist der in
Brasilien produzierte VW Gol technisch nicht auf dem neuesten Stand.
Während im VW-Verkaufsraum weiter rechts Tiguan und Passat mit
modernen TFSI-Triebwerken und kompletter Sicherheitsausstattung
angeboten werden, gibt es beim Gol und seinem größeren Bruder Suran
als Minivan nur Hausmannskost. Angetrieben werden die Billigmodelle mit
einem 1,6 Liter großen Vierzylinder-Benziner, der wahlweise 85 oder 101
PS leistet. Aufgrund des geringen Leergewichts von rund einer Tonne
reicht das für ordentliche Fahrleistungen.
Für den Verbrauch interessieren sich die Südamerikaner allenfalls am
Rande. Ein Liter Benzin kostet in Argentinien umgerechnet nicht einmal
70 Cent. In Brasilien sind mehr als 90 Prozent aller Fahrzeuge mit
Ethanol unterwegs, dass noch günstiger ist. Hier sind Gol und Suran
ebenso wie die meisten anderen Fahrzeuge Flex-Fuel-Modelle, die
beliebige Mischungen von Benzin und Ethanol tanken können.
„Der Preis für unser Basismodell Gol Power mit drei Türen und
Klimaanlage liegt bei 35.000 Peso – das sind umgerechnet knapp 7.000
Euro“, erzählt Presidente Ernesto Baldassare, „den verkaufen wir mit
Abstand am Besten. Der Gol Trend liegt bereits bei über 50.000 Peso.“
Die in Europa zuletzt immer wichtiger gewordenen
Sicherheitsausstattungen wie Airbags und ESP sorgen in Südamerika
für Schulterzucken. Baldassare: „Das interessiert hier kaum einen. Die
Billigmodelle haben nicht einmal einen Airbag; von mehreren Airbags
oder ESP ganz zu schweigen. Dafür gibt keiner Geld aus. Unsere
Einstiegsmodelle haben auch noch manuelle Fenster, Spiegel und keine
Zentralverriegelung.“
Seit Mitte der 80er Jahre ist der Gol, abgeleitet
vom spanischen „Gol“ – für Fußballtor, in Brasilien das meistverkaufte
Auto. In Argentinien sieht es kaum anders aus. Mittlerweile wurden in
den beiden südamerikanischen Staaten mehr als sechs Millionen
Fahrzeuge produziert. Neben der drei- und fünftürigen Limousine gibt
es den Gol auch als Kombiversion namens Gol Country und als Pick Up.
Für all diejenigen, denen der große Pick Up namens Amarok zu groß
und teuer ist.
Kaum weniger erfolgreich ist der VW Suran, der technisch jedoch nicht
auf dem Gol, sondern auf dem VW Fox basiert. An sich würde der
durchaus modern anmutende Minivan als preiswerte Konkurrenz zum
Opel Meriva oder einem in Planung befindlichen Ford B-Max durchaus
Sinn machen. Doch die Materialien sind billig, die Verarbeitung allenfalls
mittelprächtig und eine Import auf den Qualitätsmarkt Europa schon
aufgrund fehlender Sicherheitskomponenten kaum zu machen.
Immerhin gibt es eine verschiebbare Rückbank einiges an Kofferraum
und Platz für bis zu fünf Personen. Der Laderaum liegt zwischen 440
und 1.580 Litern.Damit kratzt der Suran selbst am europäischen Golf
Plus. Der VW Suran als Rucksack-Version des 38 Zentimeter kürzeren
Fox ist nicht nur mit dem 1,6 Liter großen Vierzylinder-Benziner mit
101 PS, sondern auch einem alten Vorkammerdiesel 1.9 SDI mit 64 PS
zu bekommen. Den gab es Anfang der 90er Jahre auch im Golf III.
Immerhin ist der Verbrauch so niedrig, dass der Suran 1.9 SDI mit
einer 50-Liter-Tankfüllung über 900 Kilometer weit kommen kann. Die
Höchstgeschwindigkeit liegt bei dünnen 156 km/h.