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Testbericht

Stefan Grundhoff, 14. Juli 2013
Volkswagen plant mit dem Taigun einen großen Aufschlag. Der kleine Bruder des Bestsellers Tiguan ist dabei weit mehr als nur ein Buchstabendreher. 2016 soll er das Segment der Kleinst-Crossover ins Leben rufen.

Die SUV-Welle ist längst mehr als ein mächtiger Trend. Was in den USA mit Modellen wie dem Grand Wagoneer oder in Deutschland mit BMW X5 und Mercedes ML begann, hat sich zu einem Lauffeuer durch alle Segmente entwickelte. Jeder will einen trendigen SUV und sich damit von der schnöden Masse aus Kombi, Van und Limousine abheben. Nur das Segment der Kleinstfahrzeuge wartet noch auf ein pseudo-geländegängiges Erstlingswerk. Und wenn es Volkswagen nach ginge, wäre der VW Taigun genau die rechte Besetzung für die Hauptrolle.

In dem kleinen Ortschaft San Antonio de Areco, rund eineinhalb Stunden westlich von Buenos Aires ist es an diesem Morgen trübe. Rund um dem Marktplatz stehen ein paar heruntergekommene Ford Falcon aus den 70er Jahren, eine Handvoll verrosteter Chevy-Pick-Ups und einige Peugeot-und Renault-Modelle, die beileibe schon bessere Zeiten gesehen haben. Betagte Ortseinwohner, die zu morgendlicher Stunde im feuchten Nebel über das abgeschliffene Kopfsteinpflaster schlurfen, nehmen vom strahlenden Prototypen mit Braunschweiger Kennzeichen keine besondere Notiz. "Ein VW", grummelt der grauhaarige Akkordeonspieler und geht wortlos weiter. Dabei ist der blaumetallic-farbene Crossover hier so deplatziert wie ein rosa Elefant auf der Raumstation ISS. Der VW Taigun, aktuelles Einzelstück, als zentraler Bestandteil der Wolfsburger Kleinwagenstrategie für die nächsten Jahre ist unterwegs im argentinischen Niemandsland.

Denn der Taigun, durch einen schlichten Buchstabendreh vom Erfolgsmodell Tiguan abgeleitet, soll mit seiner Länge von 3,86 Metern großer Bruder des Up und kleines Geschwisterchen von Touareg und dem 60 Zentimeter längeren Tiguan werden. Martina Biene vom VW-Produktmarketing: "Der Taigun könnte zum Fast Mover werden, doch noch liegt die Entscheidung über die Umsetzung in den entsprechenden Gremien." Niemand zweifelt jedoch daran, dass der Up-SUV 2016 kommt. Bereits die Messepremiere des Taigun-Konzeptfahrzeugs auf der Sao Paulo Motorshow im Herbst 2012 hatte nicht nur in Südamerika viel Staub aufgewirbelt. Aufgrund von Größe, Preis und Positionierung brächte der kleine Krabbler das Zeug zum Weltauto mit. Unterhalb der aktuellen SUV-Einsteigerklasse mit Chevrolet Trax, Mini Countryman oder Peugeot 2008 dürfte er bei rund 15.000 Euro starten. Klar ebenfalls, dass der VW Taigun auch Märkte außerhalb von Europa in den Blick der scharfen LED-Augen nimmt. Ein Markteintritt in Südamerika ist ebenso wahrscheinlich wie in Indien oder gar China - jeweils nebst lokaler Produktion.

Technisch basiert der VW Taigun auf dem kleinen Up. "Hierbei gibt es noch einiges zu tun. Die aktuelle PQ12-Plattform des VW Up müsste dazu verlängert und angepasst werden", erklärt Martina Biene, "es gibt auf jeden Fall noch einiges an Arbeit." Das Motorenangebot umfasst Dreizylinder-Diesel und -Benziner mit und ohne Turboaufladung zwischen 70 und 110 PS. Der Prototyp ist mit einem aufgeladenen Dreizylinder-Benziner unterwegs, der 81 kW / 110 PS leistet. Das langt allemal für 186 km/h Spitze und 0 auf Tempo 100 in kaum mehr als neun Sekunden. Bereits unten herum geht der Dreizylinder in dem 1.060 Kilogramm schweren Einzelstück kräftig zu Werke und profitiert von seinem maximalen Drehmoment von 175 Nm. Durch die geringe Dämmung ist der Turbomotor mit einem Liter Hubraum etwas brummig; passt aber zum sportlichen Anspruch des zukünftigen Topmodells. Trotzdem soll der Fronttriebler nur 4,7 Liter Super verbrauchen. "Sollte der Taigun kommen, ist auch eine Allradversion noch nicht endgültig vom Tisch", räumt Martina Biene ein, "und auch eine Erdgasversion ist allemal denkbar."

Neben der ordentlichen Motorisierung ohne irgendwelche wirren Elektrospielereien gefällt besonders der Innenraum des Taigun. Dank des 2,47 Meter langen Radstandes haben auf kleinem Raum vier Personen Platz. Das Gepäckvolumen liegt zwischen 280 und 986 Litern. Das Cockpit, ähnlich aufgeräumt wie beim kleinen VW Up und seinen Konzernbrüdern Seat Mii und Skoda Citigo, wirkt für die Einstiegsklasse allemal wertig. In den Türen halten bunte Spannbänder längst überflüssiges Kartenmaterial und Lesestoff. In der Mittelkonsole stecken griffbereit zwei Trinkflaschen. Mal sehen, was sich von Details wie einem eingeklinkten Smartphone und schicken Oberflächen ins Serienmodell retten kann. Außen soll zumindest die zweigeteilte Heckklappe bleiben. In Staaten wie Indien, Brasilien oder Argentinien wäre diese sogar mit einem aufgesetzten Ersatzrad denkbar. Der Einstiegspreis dürfte angesichts der harten Konkurrenz bei rund 15.000 Euro liegen. So würde er auf vielen Märkten eine gute Figur machen.

Quelle: Autoplenum, 2013-07-14

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