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Testbericht

11. März 2014
Marseille (Frankreich), 12. März 2014 -

Jetzt überlegen Sie mal, was ist das Uncoolste, was Sie sich vorstellen können? Helmut Kohl? Eine Hausfrau in Schürze und Pantoffeln? Okay, das ist ziemlich nah dran. Aber auch ein 60-jähriger, schwäbischer Professor in Anzug und Krawatte ist kein James Dean mit Sonnenbrille. Mercedes-Entwicklungsvorstand Professor Thomas Weber steht am Redepult und spricht über das Bedienkonzept der neuen C-Klasse: "Das ist innovativ, es ist aber auch cool", sagt er. Also cool oder nicht? Wir haben es bei einer Fahrt mit der neuen Mercedes C-Klasse herausgefunden.

Rädle und Touchpad

Das Bediensystem erklärt mir Telematik-Experte Matthias Boll an einem Modell. Dazu gehört natürlich das schicke Tablet-Display, das in der A-Klasse eingeführt wurde. Wenn es als Touchpad ausgeführt wäre, würde ich die Menüpunkte auf holpriger Strecke schwer treffen, meint Boll. Deswegen gibt es das schwarze Ding in der Mittelkonsole. Es besteht aus einem Dreh-Drücksteller - als Schwabe sagt man natürlich Rädle dazu - und einem halb darüber liegenden Touchpad. Mit Letzterem kann man nicht nur Buchstaben und Zahlen eingeben, sondern auch wischen und zoomen wie beim Smartphone. Und wenn man einen Menüpunkt anwählen will, wird die Touchpad-Oberfläche zum Mausknopf - einfach Klicken. Das funktioniert prima, nur eins ist seltsam: Touchpad und Rädle sind redundant ausgelegt. Man kann mit dem einen genau das Gleiche machen wie mit dem anderen. Der offensichtliche Grund: Mercedes will die jungen Kunden kriegen, die ohne iPad und iPhone und iPod nicht mehr leben können. Aber der 65-jährige Stammkunde, der kein Smartphone hat und auch keines will, soll nicht verschreckt werden. Und so ist es bei der neuen C-Klasse an mehreren Ecken und Enden.

Verschiedene Grill-Geschmäcker

Die Außenoptik ist auch so eine Sache. Hier gibt es bei der C-Klasse zwei verschiedene Grills - bei welchem Auto gibt es das sonst noch? Einerseits ist da der traditionelle Riesengrill wie bei E- und S-Klasse für die Traditionalisten. Hier prangt der Stern als Kühlerfigur auf der Haube, wie schon im vorvorletzten Jahrhundert. Diese Version heißt jetzt Exclusive statt bisher Elegance. Kein schöner Anblick, vor allem, wenn der Grill auch noch mit dem Air-Panel ausgestattet ist. Dieses verschließt die Kühlerrippen mit einer Art Jalousie. Damit drückt die Exclusive-Variante ihren cW-Wert und damit auch den Spritverbrauch. Gut sieht es allerdings nicht aus. Alle anderen Versionen haben einen viel sportlicheren Grill mit integriertem Stern - das ist die augenfreundlichere Variante.

Individueller gefedert

Auch beim Fahrwerk wurde die C-Klasse individueller und vielfältiger. Neben den serienmäßigen Stahlfedern gibt es optional erstmals eine Luftfederung, die in meinem ersten Testwagen verbaut ist. Mit einem Knopf in der Mittelkonsole lässt sich das Auto anheben oder absenken. Daneben hat mein Wagen noch eine weitere Verstellmöglichkeit, eine Art Drehrad, wo ich zwischen Eco, Komfort, Sport und Sport+ wählen darf. Bei BMW heißt sowas Fahrerlebnisschalter, bei Mercedes Agility-Select-Schalter. Beeinflusst werden Gasannahme, Lenkung und auch die Härte der Stoßdämpfer. Die Unterschiede zwischen den Modi sind spürbar, aber sie ändern nichts am Grundsätzlichen: Das Fahrwerk ist sehr gut. Über Unebenheiten gleitet man fast immer ungestört hinweg, nur Temposchwellen oder ganz arge Risse im Straßenbelag schlagen mal auf die Insassen durch. Und die serienmäßige Direktlenkung ist schön direkt, sie vermittelt ein gutes Kontrollgefühl. Ihre variable Übersetzung spüre ich auf meinen Ausfahrten nicht bewusst, aber sie trägt wohl zum guten Fahrgefühl bei.

Diesel: Durstig in puncto Adblue

Mein Testauto ist ein C 250 BlueTec. Am Namen erkennen eigentlich nur noch wenige, dass es sich hier um einen Diesel handelt. Das altvertraute CDI ist in der C-Klasse Vergangenheit. BlueTec steht für die Euro-6-Selbstzünder, und andere gibt es in der Stuttgarter Mittelklasse gar nicht mehr. Mein 2,1-Liter-Aggregat baut dazu auf die SCR-Technik. Dazu ist ab und zu das Additiv Adblue nachzukippen - der Einfüllstutzen befindet sich gleich neben dem Loch für den Tankrüssel. Der Adblue-Tank fasst nach Auskunft von Mercedes-Motorensprecher Patrick Hawig acht Liter, optional gibt es einen 20-Liter-Tank. Auf tausend Kilometer verbraucht man typischerweise einen Liter. Und da beginnt der Ärger: Man kann sich ausrechnen, dass der Serientank hinten und vorne nicht reicht. Alle 8.000 Kilometer möchte wohl kaum jemand ein Additiv einfüllen. Selbst das Intervall von 20.000 Kilometer bedeutet wohl für viele Dieselfahrer, dass sie halbjährlich nachfüllen müssen. So durstig mein Diesel bei diesem Harnstoff-Gesöff ist, so brav bleibt er bei dem, was Diesel sonst so trinken: 4,3 Liter Kraftstoff reichen laut Datenblatt für 100 Kilometer. Das ist sparsam: Ein BMW 325d mit 218 PS braucht 4,9 Liter, ein Audi A4 3.0 TDI mit 204 PS sogar 5,1 Liter. Zugegeben: Der Audi hat einen Sechszylinder, mein Mercedes besitzt nur vier Töpfe.

Nicht sportlich zu sein, hat auch Vorteile

Die 204 PS meines Testautos kann ich auf den Straßen Südfrankreichs nur ein oder zweimal ausreizen. Dann geht es zügig voran, doch ohne, dass es sich anfühlt wie sportliches Fahren. Als ich diesen Eindruck einem Kollegen schildere, erzählt er mir begeistert von einer Testfahrt mit dem Mini John Cooper Works durchs Gebirge: Das hat Spaß gemacht! Er gibt aber auch zu, dass seinem Beifahrer damals fast schlecht geworden sei. Ja, so ist das nun mal mit Autos: Je größer sie sind, desto weniger fühlt man was vom Tempo. Ein BMW 7er mit einer der besseren Motorisierungen zum Beispiel: Sowas beschleunigt in etwa fünf Sekunden auf Tempo 100, aber Sie werden nichts davon spüren. Aber zurück zur C-Klasse. Hier wird es Ihnen kaum schlecht werden, aber sie werden auch von den vielen PS unter der Haube eher wenig merken. Selbst wenn das Auto in 6,6 Sekunden auf 100 spurtet wie mein C 250 BlueTec.

Am Rücken etwas weit

Die Sportsitze meines AMG-Line-Modells geben guten Seitenhalt an den Beinen, während sie mir am Rücken etwas zu weit sind. Aber wer (noch) dicker ist als ich, wird sich freuen. Eine Verstellmöglichkeit, wie es sie etwa in der S-Klasse gibt, finde ich weder im Menü noch bei den Sitzeinstelltasten. Ansonsten fällt das Handschuhfach auf: Die Klappe öffnet sich nach unten und fällt dabei angenehmerweise nicht auf die Schienbeine. Dafür öffnet sie sich nicht weit und ist im Weg. Macht aber nichts, es passt sowieso fast nichts hinein. Ein Teil des Platzes wird noch von einem Parfümflacon beansprucht, denn der Innenraum wird beduftet. Das Schiebedach erspart mir die unangenehme Kopfmassage, die mir mein alter VW Golf bei Tempo 50 immer zuteil werden ließ: Bei der C-Klasse fährt eine kleine Lippe automatisch aus, um den Fahrtwind am Eindringen zu hindern - das ist natürlich auch besser für die Aerodynamik. Das Dach hebt sich nach außen, sodass weniger Kopfraum verloren geht. In der C-Klasse sitzt man auch hinten gut - weder besser noch schlechter als im BMW 3er. Die Rücksitze lassen sich wie gehabt vom Kofferraum aus per Hebel umklappen. Das Standardvolumen von 480 Liter wird so noch erweitert.

Der Staufolge-Helfer streikt
Auf jeden Fall eine Erwähnung wert sind die Assistenzsysteme der C-Klasse: Mercedes hat fast alles in die C-Klasse reingepackt, was die S-Klasse hat. Den Staufolgeassistenten lerne ich im Stopp-and-Go-Verkehr von Marseille bei einer gemessenen Durchschnittsgeschwindigkeit von sieben km/h kennen. Ich aktiviere den Abstandstempomaten, und das Auto hält nicht nur den Abstand zum Vordermann, ich kann auch das Lenken sein lassen. Als der Citroën vor mir nach rechts fährt, um einen Motorroller überholen zu lassen, folgt ihm mein Wagen automatisch. Der Citroën stoppt, und auch mein Auto bleibt stehen. Prima. Kurz darauf geht es wieder weiter, aber - was ist das? Ich fahre nicht los. Was war da wohl los, frage ich später den Mercedes-Experten Carsten Ziegler. Seine Erklärung ist plausibel, aber enttäuschend: Wenn der Stopp nur anderthalb Sekunden dauert, dann fährt das Auto automatisch wieder an. Bei längerem Stopp könnte es sein, dass ein Passant den Zwischenraum entdeckt und zum Durchgehen genutzt hat. Könnte man den Fußgänger denn nicht detektieren? Ein Mensch ist für den Radar halt nur ein Sack Wasser, sagt Ziegler, der gibt kaum ein Echo. Wenn dahinter noch ein anderes Auto ist, klappt das gar nicht. Aber vielleicht in Zukunft ... Bis dahin muss ich sagen: Der Staufolgeassistent hat für mich keinen Reiz.

Automatische Bremsung vor der Kollision

Sehr löblich finde ich aber, dass das Antikollisionsystem Serie ist. Das heißt, die C-Klasse bremst automatisch, wenn ein Auffahrunfall droht. Solche Sicherheitsextras bestellt kaum jemand freiwillig - schließlich sind wir alle perfekte, langjährig unfallfreie Fahrer, oder nicht? Nun ja, da ich mich kenne, würde ich freiwillig vielleicht noch den Totwinkelassistenten bestellen und auf jeden Fall Parkpiepser, habe ich doch erst kürzlich einen Parkrempler verschuldet. Könnte man da nicht auch automatisch bremsen, frage ich Ziegler. Naja, sagt er, die Ultraschallsensoren würden zum Beispiel auch auf lange Gräser ansprechen. Aber wenn man das Signal der Parksensoren mit den Informationen der Rückfahrkamera abgleichen würde, wäre das schon denkbar. Ich wäre dafür. Parkrempler sind zwar im Vergleich mit Personenunfällen nur Kinkerlitzchen, kosten aber auch schnell mal über 1.000 Euro.

Nur drei Versionen am Anfang

Apropos Kosten: Der Einstiegspreis für die C-Klasse liegt bei 33.558 Euro. Dafür bekommt man den C 180 mit 156 PS. Günstig ist das nicht. Den Preis meines C 250 BlueTec will Mercedes noch nicht rausrücken, doch wenn man von den Preisrelationen beim alten T-Modell ausgeht, das noch auf dem Markt ist, dürfte er bei etwa 41.000 Euro liegen. Auch das ist teuer, der entsprechende BMW 325d ist schon ab 39.100 Euro zu haben. Ab Marktstart am 15. März 2014 sind allerdings nur die drei Versionen C 180, C 200 und C 220 BlueTec verfügbar. Insgesamt soll es vier Diesel geben - C 180, C 200, C 220 und C 250 BlueTec, dazu noch den C 300 BlueTec Hybrid. Die kleinsten Nummern stehen für den neuen 1,6-Liter-Diesel von Renault, der schon bald nach Marktstart kommen soll. Auch auf der Ottoseite gibt es vier Varianten: C 180, C 200, C 250 und das V6-Modell C 400 4matic mit 333 PS. Hier kommt noch ein C 350 Plug-in-Hybrid hinzu.
Technische Daten
Antrieb:Hinterradantrieb
Anzahl Gänge:7
Getriebe:Automatik
Motor Bauart:Turbodiesel mit SCR-System und Start-Stopp-Automatik
Hubraum:2.143
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:4
Leistung:150 kW (204 PS) bei UPM
Drehmoment:500 Nm bei 1.600-1.800 UPM
Fazit
So, ihr Schwaben, jetzadle! Wohin wollt ihr denn nun mit der neuen C-Klasse? In zwei Richtungen zugleich. Jünger soll sie werden, aber die alten Stammkunden sollen sich nicht abgestoßen fühlen. Deshalb macht Mercedes sein Mittelklassemodell ziemlich variabel - durch unterschiedliche Optik innen und außen, verschiedene Bedienmöglichkeiten und ein konfigurierbares Fahrwerk. Auch ich als 48-Jähriger - und damit für Mercedes-Verhältnisse eher jüngerer Fahrer - fühle mich angesprochen. Vor allem durch den schicken Innenraum: Das Tablet-Display, die Luftdüsen und die Mittelkonsole gefallen mir - viel besser als der Innenraum des BMW 3er. Aber das Beste an der neuen C-Klasse sind Fahrwerk und Lenkung. Der gefahrene 204-PS-Diesel ist vom Vortrieb her in Ordnung, sportlich fährt sich das Auto damit aber nicht. Einen Malus bekommt der Wagen für den kleinen Adblue-Tank und den hohen Preis. + sehr gutes Airmatic-Fahrwerk, gute Lenkung, schickes Interieur, sparsamer 204-PS-Diesel - hoher Preis, kleiner Adblue-Tank
Testwertung
4.0 von 5

Quelle: auto-news, 2014-03-11

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