Ich fahre seit 03/2011 einen Golf 6 Variant Comfortline als 1.6 Bluemotion TDI mit 105PS. Nach mittlerweile 54.500km ist es Zeit für ein Zwischenfazit.
Motor:
Der Motor selbst entwickelt eine gute Laufkultur und ist ordentlich gedämmt, wird selbst bei hohem Autobahntempo (197km/h Tacho abgeregelt) nie aufdringlich laut. 105PS sind absolut ausreichend, um auf der linken Spur mitzuschwimmen.
Reale Verbräuche liegen meist zwischen 5,5 und 6 Litern je 100km mit dauerhaft aktivierter Klimaanlage (im Winter die Werte +0,5 bis +1, wobei ich mir sagen lassen habe, dass die Verbrauchsanzeige im Display teils manipuliert sei). Auf Mittelstrecken mit hohem Landstraßen/Stadtanteil lässt sich auch eine 3 vor dem Komma schaffen – dann ist man allerdings ein Verkehrshindernis. 4,5-5 Liter sind bei frühem Schalten jedoch problemlos möglich, so kommt man entspannt von a nach b.. Der 1.6 TDI wird bei niedrigen Temperaturen <5°C gerne mal knurrig, springt aber astrein an. Ich hätte mir einen größeren Tank gewünscht (zumindest als Zusatzausstattung), die 55l genügen meist nicht für 1.000km.
Note für den verbauten Motor: 3
Getriebe:
Jedwege sportliche Aktivität wird allerdings vom elend lang übersetzten 5 Gang Schaltgetriebe zunichte gemacht. Die großzügige Anfahrschwäche wird vom Turboloch und Start-Stopp aktiv unterstützt, so ist es nicht schwer, den Motor beim Start absaufen zu lassen, wenn man nicht gerade mit 2.000U/min losprescht. Zu Beginn war die Schaltung außerdem noch sehr hakelig, was vor allem 1. Gang und Rückwärtsgang betrifft. Hier hörte ich gerne mal die Zahnräder knirschen. Mittlerweile ist das Getriebe aber einigermaßen eingefahren.
Wenn man nach der Schaltpunktanzeige fährt, hat man eigentlich nie über 1.200U/min auf dem Drehzahlmesser – der Motor ist dann zwar nicht knurrig, aber Beschleunigen ist dann ohne Gangwechsel nicht möglich. Das liegt auch daran, dass die Drehzahlsprünge zwischen den Gängen sehr groß sind.
Auf der Autobahn bemerkt man schnell, dass ein 6.Gang fehlt. Der 5. Gang ist extrem lang übersetzt, hat erst bei 150km/h die 3.000 U/min überschritten. Man muss hier regelmäßig herunterschalten, um nicht zum Hindernis zu werden. Im 5. Gang bei Tempo 80 beschleunigt man langsamer als ein LKW.
Die Übersetzung nervt auch in der Stadt, der 3. ist für Tempo 50 zu kurz und der 4. zu lang übersetzt. Vom 2. in den 3. Gang gibt es einen gewaltigen Drehzahlsprung.
Note fürs Getriebe: 5
Fahrwerk:
Das Sahnestück an diesem Auto. Komfortabel, aber auch gemäßigt sportlich, lässt sich der Golf selbst bei Höchstgeschwindigkeit mit 2 Fingern auf der Straße halten. Das Fahrwerk schluckt die meisten Unebenheiten, diese wirken sich auch kaum auf die Lenkung aus. Einziger Abstrich: der Einfluss der Bereifung auf die Fahreigenschaften ist enorm.
Note für das Fahrwerk: 1-2
Bremsen/Sicherheit:
Besser geht es ohne aufwendigen Schnickschnack nicht. Kurze Bremswege, gutes ABS, ESP greift sicher ein (aber auch schnell) und rigoros. Viele Airbags erhöhen das Sicherheitsgefühl. Das Auto fährt mit dem Klasse-Fahrwerk wie auf Schienen.
Note Sicherheit: 1-2
Komfort:
Das Fahrwerk ist sehr komfortabel. Die Sitze vorne sind angenehm ausgeformt, das Lenkrad lässt sich so verstellen, dass fast jeder eine angenehme Position finden kann. Die Rückbank ist nach meiner Meinung zu straff ausgeformt, was Mitreisenden insbesondere bei langen Strecken negativ auffällt. Und wenn man selbst mal ein Stündchen in der Nacht drauf liegt, fühlt sie sich wie Beton an. Im Winter dauert es lange, bis der Wagen warm wird – Sitzheizung mitbestellen ! Die Klimaautomatik ist ein Spritfresser und regelt gefühltermaßen ungenau.
Note Komfort: 2
Qualität:
Die vielgerühmte VW Qualität ließ sich an diesem Auto nicht feststellen. Der Wagen hat zahlreiche Verarbeitungsmängel im Innenraum (Bedienpanele Navi+Klimaautomatik unsauber eingepasst, Kunststoffe im Fußraum nutzen zu schnell ab, Stoffnähte gucken hervor usw.).
Das Navigationssystem RNS510 ist schlecht programmiert. Es stürzt gerne mal ab, hat außerhalb von Mitteleuropa (getestet: D, NL, A) keine aktuellen Karten (P, ES, F). Die Stauumfahrung funktioniert nicht gut, so leitete mich das Navi letztens in eine Vollsperrung der A65, die laut einem Kollegen bereits eine halbe Stunde vorher im Radio zu vernehmen war). Mein Tipp: 2.500€ sparen und ein NAVIGON kaufen.
Auch außen ist unsaubere Montage feststellbar, u.a. sind die Parksensoren ab Werk eingedrückt gewesen, das Kunststoffgehäuse für die Batterie lässt sich nicht richtig arretieren. Zwischendurch nahm der Motor mal kein Gas an – zum Glück nur ein paar Sekunden. Aufgrund diverser Erscheinungen dieser Art glaube ich nicht, dass das Auto mal 250.000km schaffen wird.
Ich vermute, die maue Qualität hängt mit der Produktion in Mexiko zusammen. Der normale Golf aus Wolfsburg soll hier wesentlich besser sein.
Nachtrag: Bei ca. 34.000km fing das Armaturenbrett leicht an zu knattern, insbesondere bei basslastiger Musik. Wird zunehmend schlimmer, auch ein Defekt am Lautsprecher ist zu vermuten.
Note Qualität: 5
Kosten:
Der Comfortline mit NAVI, kleinen 16er Alus und Winterpaket kostete ziemlich genau 30.000€. Nach meiner Meinung passt das Preis-Leistungsverhältnis nicht – insbesondere Getriebe und Verarbeitungsqualität sind enttäuschend. Ich glaube, mit dem normalen Golf fährt man besser, wenn man nicht ununterbrochen viel Gepäck mitschleppt.
Der niedrige Verbrauch ist positiv zu nennen, auch die hohen Wartungsintervalle (30.000km/2Jahre) und die niedrige Versicherungseinstufung.
Was besonders ärgerlich ist: Wieso hat ein 30.000€ Auto immer noch einen Zahnriemen? Der Tausch kostet bei einem 10€ Bauteil locker mal 1.000€ in der VW Werkstatt (mit Wasserpumpe). Das würde ich gerne mal von einem VW Produktmanager erklärt bekommen.
Note Kosten: 4
Alltagstauglichkeit:
Als Kombi ist der Golf für den Alltag problemlos einsetzbar. Der große Kofferraum ermöglicht entspanntes einkaufen und ab und zu auch das Verladen von Möbelstücken. Es darf auch gerne mal eine Person mehr mitfahren. Der niedrige Verbrauch drückt die Kosten. Große Strecken lassen sich entspannt cruisen. Das Navi und die nachlässige Verarbeitung nerven.
Note Alltagstauglichkeit: 2
Diverses:
Die Ablage in den Türen ist zwar groß. 1,5l PET Flaschen sind locker zu verstauen. In der Fahrertür ist dieser aber zu nah am Armaturenbrett und den Lautsprechern, sodass die Flasche gerne mal knistert und rattert. Man muss dann jedes Mal nachjustieren.
Der analoge Tacho und der digitale im Display weichen um 5-10km/h voneinander ab. Welche Anzeige ist nun die richtige?
Die Startstopp-Automatik schaltet den Motor auch bei Minusgraden kurz nach dem Start ab – sind hier keine Parameter zu erfüllen ? Ich vermute, im kalten Zustand schadet dem Fahrzeug der häufige Kaltstart.
Schade: Halogenscheinwerfer in einem Spritsparauto.
Das Display im Tacho bevormundet den Fahrer. Ist doch meine Sache, ob ich während der Fahrt die Einstellungen ändern will, oder?
Die Klimaautomatik regelt manchmal zu grob – trotz gleicher Temperaturanzeige kann es nach einer Zeit zu kalt oder zu warm werden.
Warum hat die Klimaautomatik nutzlose Tasten, die man zwar drücken kann, aber die nichts bewirken?
Das Touchdisplay muss oft gereinigt werden. Es empfiehlt sich, das Tuch gleich griffbereit im Armaturenbrett zu verstauen.