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Testbericht

13. Juli 2015

Neu? Aha.
Rund 40 Minuten dauert es, bis die Garde der Techniker und Designer genug Worte gefunden haben, um den ungeduldig scharrenden Journalisten die Vorzüge des neuen Opel Astra in allen Details zu erläutern. 40 Minuten, die den Wartenden vorkommen, wie eine halbe Ewigkeit und welche die Erwartungshaltung in etwa auf das Level der ersten Mondlandung schraubt. Und dann fällt der Vorhang und der neue, rote Astra steht in seiner vollen Größe vor einem.

Dynamik pur: So flott dürften nur wenige Astra im Alltag unterwegs sein. Denn alles, was gut aussieht, kostet Aufpreis.

Neu? Naja, für Opel ist an dem im Vergleich zum Vorgänger etwas kürzeren Astra alles neu. Dem Betrachter kommen angesichts der bekannt erscheinenden Formensprache erste Zweifel. Ein wenig Kia und Hyundai hier, etwas Seat Leon dort, garniert mit den üblichen (und natürlich Aufpreis-pflichtigen) 18 Zoll-Rädern, einer weit ins Dach gezogenen Windschutzscheibe und den derzeit so angesagten schlitzigen Heckleuchten. Gefällig zwar, aber eine Design Revolution ist es denn auch nicht.

Erklärungsversuche: Das etwas schlichte Design des neuen Astra verlangt mitunter einiger emotionaler Worte, um das Interesse der Zuschauer zu wecken.

Doch das muss er ja vielleicht auch nicht sein, denn im Segment der Kompaktklässler genügt ein durchschnittliches Outfit schon, um die Kunden zum Kauf zu bewegen. Zumindest wenn die inneren Werte stimmen und man im Mainstream mitschwimmt. Und nicht selten, wird der Wert des schlichten Designs einem erst mit zunehmenden Alter des Mobils bewusst. Nämlich dann, wenn die übertrieben modisch daherkommenden Modelle schon längst unansehnlich geworden sind.

Trauriger Ausblick: Die Karkheit der einfachsten Version erschreckt dann doch etwas.

High Tech aus Rüsselsheim
Also auf zur großen Opel Astra Entdeckungstour im Innenraum. Und an dessen Werten, so werden die Herren der Produktpresse nicht müde zu betonen, fehle es dem Asta Nummer sechs nun wirklich nicht. Beispiel gefällig? Opel hat das Cockpit aufgeräumt und weniger Schalter installiert als beim Vorgänger. Das heißt zum einen nichts anderes, als dass man offenbar auch bei Opel die Vielzahl der Knöpfe im Vorgänger verwirrend fand und zum anderen die Funktionsknöpfe nun in das neue zentrale Touch-Display (7 bzw. 8 Zoll groß) gelegt hat. Das fügt sich elegant ins Dashboard ein und kommuniziert problemlos mit dem Smart Phone. Dank Mirror Link und Apple Car Play bzw. Android Auto gelingt die Bedienung der mobilen Gerätschaften auf dem Bildschirm während der Fahrt problemlos und legal, wobei wegen der großen hin und her reisenden Datenmengen das Handy trotzdem am Kabel angeschlossen sein muss. Aber immerhin können nun die Lieblingstitel, SMS oder die im Smart Phone integrierten Landkarten samt der auf dem Gerät laufenden Navigation auf dem Opel Bildschirm angezeigt werden. Im Internet surfen ist jedoch nach wie vor nicht möglich – aus verständlichen Gründen.

Kopfkino: Das 7 Zoll-Display verfügt naturgemäß nicht über den gleichen Funktionsumfang, wie sein großer Bruder.

Opel, hier wird Ihnen geholfen
Mit an Bord ist auch ein Heer von Assistenzsystemen, ohne die heute kaum mehr eine Autoneuheit auskommt und die bei Opel nun zunehmend das Niveau der Wettbewerber erreichen. Denn im Astra 2016 gibt es endlich auch einen Spurhalteassistenten der aktiv gegenlenkt und einen Einparkautomaten, der Querlücken erkennt und in diese auch automatisch einparkt. Ein Fortschritt – für Opel. Denn das alles hat die Konkurrenz auch und zwar nicht erst seit gestern. Feinheiten, wie eine Radar gestützte Geschwindigkeitsregelanlage samt Stopp-and-Go-Assistenten finden dagegen nicht den Weg in den neuen Astra. Dafür ein High-Tech-Scheinwerfer namens IntelliLux. Für einen Mehrpreis von 1.150 Euro soll der Fahrer künftig mit adaptiven LED-Matrix Scheinwerfern durch die Nacht schneiden und auf alle Funktionen eines Hightech Scheinwerfers der Oberklasse, wie verkehrsabhängiges Abblenden im Fernlichtbetrieb oder ein Abbiegelicht zurückgreifen können. Der Scheinwerfer kommt dabei ohne mechanische Bauteile aus und ist dank LED-Technik langlebiger und effizienter, als sein Pendant mit einer Glühbirne. Ein tolles Feature, ob es aber in der Preis sensiblen Kompaktklasse angenommen wird, bleibt angesichts des Mehrpreises abzuwarten. Gleiches gilt für das von GM USA implementierte „On Star“ Opel-Service-System. In nahezu allen Lebensfragen hilft auf Knopfdruck eine charmante Online-Hilfe aus dem Call-Center im englischen Luton. Sie weiß etwa den Standort des nächsten Geldautomaten und sendet diesen sogar ins Navigationsgerät des Astra. Und selbstverständlich reserviert sie auch Restauranttische und noch vieles mehr. Der Dienst ist im ersten Jahr kostenlos, dann kostet er 99 Euro Grundgebühr zzgl. den Kosten der Datenflatrate. Wie lange dieser Service angesichts der Preisgestaltung letztlich besteht, bleibt unklar, denn die Erfahrung hat gezeigt, dass derlei Dienste meistens dann auf wenig Interesse stoßen, sobald der Kunde dafür zahlen soll.

Dünnhäutig: Sind die Fondpassagiere nett, spendieren sie dem Fahrer eine Punkt genaue Massage durch die dünnen Rückenlehnen.

Sitz und Platz
Schöne Dinge erwarten den spendablen Astra Käufer also, doch auch wenn er eher im Basismodell unterwegs sein sollte, möchte Opel ihn das Gefühl eines guten Kaufs vermitteln. Das gelingt vor allem mit einem geräumigen Innenraum, der auch im Fond ein üppiges Raumangebot bietet. Man kann ihm allenfalls ankreiden, dass die Öffnungswinkel der hinteren Türen etwas gering ausfallen. Wer mag, kann den Opel in Sachen Sitze auch ordentlich aufmöbeln. Zu der obligatorischen vorderen Sitzheizung, kann diese nun auch für die Fondpassagiere geordert werden und wer „Rücken“ hat, bestellt einfach den Ergonomiesitz „AGR“ mit vielfachen Verstellmöglichkeiten und Ventilation dazu. Sind dann noch langbeinige Mitreisende auf der zweiten Reihe an Bord gibt es dank der dünnen Sitzlehen der Vordersitze sogar noch eine kostenlose Massagefunktion dazu. Womit die Qualität des neuen Astra in den Fokus rückt. Wer hier die Passgenauigkeit und Detailverliebtheit bei Oberflächen und Spaltmaßen der Konkurrenz sucht, hat Pech. Bei Opel ist in diesen Punkten (auch, wenn es sich um Vorserienfahrzeuge handelte) noch Luft nach oben. Das wird auch deutlich, wenn man den bis zu 1.210 Liter großen Kofferraum öffnet. Eine schlecht ausgeschnittene Abdeckung hier, eine lieblos eingeclipste Verkleidungen dort, irritieren das Auge des Betrachters. Und selbst, wenn man sich an diesen Details nicht stört, an dem unebenen Ladeboden bei vorgeklappter Rückbank (Version Standard ohne Notrad) wird man es spätestens tun.

Traurige Lösung: Den ebenen Ladeboden gibt es nur gegen Aufpreis, eine etwas ansprechendere Materialauswahl dagegen gar nicht. Zudem ist die Ladekante des neuen Astra recht hoch.

Basiskost für den Verkaufserfolg?
Wenig Überraschendes ist auch aus dem Motorraum zu vermelden. Opel hat zwar das gesamte Motorenprogramm zum Marktstart des Astra erneuert, doch echte Innovationen sucht man auch hier vergebens. An der Basis operiert der auch im Adam eingesetzte Dreizylinder-Turbomotor, hier mit 105 PS, gefolgt von zwei Versionen des 1,4 Liter Turbobenziners mit 125 bzw. 150 PS. Einen Einstiegsmotor gibt es auch, nämlich den 1,4 Liter Vierzylinder mit 100 PS. Fünf PS weniger bietet der kleinste Diesel, auf dessen 1,6 Liter Grundmotor auch die beiden anderen (110 und 136 PS) starken Selbstzünder aufbauen. Auf mehr als 150 PS muss der Astra Kunde derzeit ebenso verzichten, wie auf Hightech-Bausteine, wie etwa eine Zylinderabschaltung zu Senkung des Verbrauchs. Ebenfalls eine Lücke hat Opel im Angebot, wenn es um einen Allradantrieb geht. Und auch in Sachen Automatik ist man in Rüsselsheim mit dem neuen Astra nicht up to date. Statt dem flott schaltenden Direktschaltgetriebe kann sich der Astra Kunde über die zögerlich agierende Easytronic (ein automatisiertes Schaltgetriebe) ärgern oder eine antiquiert anmutende Sechs-Stufen-Wandlerautomatik wählen. Vor diesem Hintergrund erübrigt sich derzeit auch die Frage nach einer späteren Hybridversion – Opel scheint es für die Entwicklung derlei Nischenprodukte schlicht an Geld zu fehlen.

Klein bei klein: Zu Beginn ist bei 150 PS Schluss im Astra. Die stärkeren Versionen kommen ab 2016.

Fazit
Der neue Astra ist gelungen, ohne Frage. Doch das eigentlich erwartete „gewisse Etwas“ bleibt leider aus. Das Ziel, mit dem Auto wieder auf den Podiumsplatz in den Zulassungsstatistiken zurückzukehren, dürfte vor allem angesichts der sehr starken Mitbewerber im Segment äußerst schwierig werden. Denn am Ende möchte Opel mit dem Auto auch Geld verdienen und kassiert für jede der interessanten Optionen munter Aufpreise, die das Auto preislich an das Ende des oberen Drittel des Klassenniveaus bringt, wo bereits die zahlreich vertretene Konkurrenz auf ihn wartet.

Technische Daten Opel Astra

Länge/Breite/Höhe 4,37/1,04/1,48 m
Radstand 2,66 m
Wendekreis 11,0 m
Leergewicht ab 1.263 kg
Zuladung 517 kg
Ahhängerlast (gebr./12 %) 1.220 kg
Kofferraumvolumen 370 - 1.210 l
Tankinhalt 47 l

1.6 i-DTEC mit Sechsgang-Schaltgetriebe 

77 kw/105 PS, max. Drehmoment 170 Nm bei 1.800-4.250/min. 0–100 km/h in 11,2 s, Spitze 200 km/h; Verbrauch 4,4l S/100 km, CO2-Ausstoß aus Kraftstoff (Werksangabe) 102 g/km; ab € 17.960,- (5-Gang Selection)
Testwertung
3.5 von 5
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