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Testbericht

6. Juli 2009
Stuttgart, 5. Juli 2009 - Inzwischen ist es 22 Jahre her: 1987 verpflanzte der damals eigenständige Mercedes-Tuner AMG einen 360 PS starken Achtzylinder mit 5,6 Liter Hubraum in die bis dahin brave Baureihe W 124. Das Ergebnis war eine 303 km/h schnelle Limousine, die in den USA den ehrfürchtigen Namen "The Hammer" verliehen bekam. Erst 1990 konterte Mercedes mit dem bei Porsche gebauten 500 E. Neuauflage mit berühmter Zahl Mittlerweile haben sich die Zeiten gewandelt: AMG ist längst offizieller Teil von Mercedes und zur Fachabteilung für die ganz heißen Geräte mit dem Stern aufgestiegen. Das neueste Limousinen-Ungeheuer aus dem kleinen Ort Affalterbach hört auf den Namen E 63 AMG. Basis ist die ganz frische E-Klasse der Baureihe 212. Beim Erstkontakt mit dem schnellen Viertürer stellen wir fest, dass das kantige Design des neuen Modells sehr gut mit dem Leistungsanspruch harmoniert. AMG hat nicht einfach nur einen dicken Motor in die E-Klasse verpflanzt, sondern das Fahrzeug auch optisch modifiziert. Düsenjäger auf vier Rädern Die Frontansicht prägen auf jeder Seite um 17 Millimeter verbreiterte Kotflügel mit "6.3 AMG"-Schriftzug, eine modifizierte Schürze mit großen Kühlluftöffnungen und ein neu gestaltetes Tagfahrlicht in Form eines Querbalkens. Kenner werden bei der Zahl 6.3 sofort an den legendären Mercedes 300 SEL 6.3 von 1968 denken, der damals mit einer Spitze von 222 km/h die weltschnellste Limousine war. Ein würdiger Urahn also, wem die Schriftzüge aber zu dick auftragen, der kann sie auch abbestellen, wie AMG versichert. Insgesamt erinnert der neue E 63 AMG mit seinem kantigen Design an einen Stealth-Jäger der US-Air-Force, besonders in mattsilberner Sonderlackierung. Auch die betonten hinteren Radhäuser wirken bei dem Kraftpaket mit Stern stimmig.

Neues Getriebe Das Cockpit entspricht weitestgehend dem der "normalen" E-Klasse, allerdings hat AMG den Innenraum etwas aufgepeppt. Serienmäßig sind eine Lederpolsterung, Sportpedale aus gebürstetem Edelstahl und Karbon-Applikationen in den Türen. Hinzu kommt ein sehr griffiges Sportlenkrad im Vierspeichendesign mit Schaltpaddles für das Siebengang-MCT-Sportgetriebe. MCT steht für "Multi-Clutch-Technology". Den herkömmlichen Drehmomentwandler ersetzt eine nasse Anfahrkupplung, die im Ölbad läuft. Bedient wird das Getriebe über einen auffällig kurzen Wählhebel in der Mittelkonsole. Mäßige Materialien Bei der Mittelkonsole hätten wir uns höherwertige Materialien gewünscht, denn serienmäßig gibt es dort nur Plastik im Aluminium-Look. Echtes Metall wäre auch angesichts des Fahrzeugpreises angemessener. Auch die Ausstattungspolitik verwundert ein wenig: Leder ist zwar inklusive, aber keine Sitzbelüftung, die elektrische Sitzverstellung versteckt sich tief an der Seite der Sessel, in die Tür wandert sie nur bei aufpreispflichtiger Memory-Funktion. In Sachen Platzangebot gibt es nicht zu meckern: Vier Personen kommen im Power-Benz ohne Probleme unter, der Kofferraum ist mit 540 Liter mehr als ausreichend, zumal die Rücklehnen umklappbar sind. Vier Tasten für viel Spaß Neben dem Schalthebel finden wir insgesamt vier Dreh- und Druckknöpfe. Mit dem obersten Drehregler wählen wir ein Fahrprogramm: C steht für "Controlled Efficiency" mit weicher Dämpfercharakteristik und Gangwechsel bei niedrigen Drehzahlen, S für Sport: Hier reagieren die Stoßdämpfer um durchschnittlich 40 Prozent straffer, die Gänge werden höher ausgedreht, die Schaltvorgänge sind schneller. Hauptsächlich für die Rennstrecke ist das Programm "S+" gedacht, denn speziell in den USA wird der E 63 AMG gerne auf Rundkursen bewegt. In diesem Modus wechselt das Getriebe die Gänge nochmals 25 Prozent schneller, gleiches gilt für den manuellen Schaltmodus "M". In beiden Modi dauern die Schaltvorgänge unter Volllast nur noch 100 Millisekunden. Ein Fall für Könner sind die beiden kleinen Buchstaben "RS" auf dem Drehknopf: Dahinter steckt eine Funktion, mit der ein Rennstart möglich wird.

Wer braucht schon ESP? Ein weiterer Knopf ermöglicht das partielle und komplette Abschalten des ESP, wobei das nicht unbedingt auf öffentlichen Straßen erprobt werden sollte, schließlich fallen beim E 63 stramme 525 PS über die Hinterräder her. Taste Nummer Drei ermöglicht die elektronische Abstimmung der Luftfederung in drei Stufen. Auf dem vierten Knopf steht nur schlicht AMG. Des Rätsels Lösung: Dort kann der Fahrer sein individuelles Setup speichern und abrufen. Da wir gerade bei dem Thema Individualität sind: Besonders sportliche Fahrer können ein "Performance Package" bestellen. Es enthält ein nochmals straffer abgestimmtes Fahrwerk, 19-Zoll-Leichtmetallräder und ein Hinterachs-Sperrdifferenzial mit 40 Prozent Sperrwirkung. Bremsen aus Keramik Eine weitere Option ist die völlig neu entwickelte AMG-Keramik-Verbundbremsanlage, erkennbar an den golden lackierten Bremssätteln. Auf unserer Testfahrt stoppen wir damit zwar vorzüglich, doch es dringt häufig ein Quietschen ans Ohr. AMG verspricht aber, diesen Makel bis zum Marktstart der Super-Bremse Anfang 2010 getilgt zu haben. Letztlich dürften die Keramik-Stopper den meisten Kunden auch eher zum Prestige dienen, wie selbst die AMG-Mannen zugeben. Schließlich macht die serienmäßige Bremsanlage dank riesiger 360-Millimeter-Scheiben und Vier-Kolben-Sättel ihre Sache ganz hervorragend. Die Legionen stürmen voran Doch genug der Theorie, nun schlägt die Stunde der Wahrheit. Wir starten den Motor, aus dem Auspuff faucht kurz ein dumpfes V8-Grollen. Doch dann ist es auffällig ruhig und so bleibt es auch, wenn man im C-Modus dezent Gas gibt und das Getriebe schnell hochschaltet. Die Federung ist auch im Komfort-Modus recht straff und nimmt Querfugen nur hölzern. Erstaunlicherweise sind in den anderen Dämpfungsmodi kaum fühlbare Änderungen zu spüren. Zudem ist die Lenkung um die Mittelage etwas indifferent. Doch wir stellen zunächst fest: Trotz 525 PS könnte jede Hausfrau mit diesem Mercedes zum Einkaufen fahren.

Urgewalt unter der Haube Erst nach heftigem Tritt aufs Gaspedal und einer gefühlten Gedenksekunde kommen die Urgewalten unter der Haube zutage: Unter kernigem Grollen schießt der E 63 AMG voran, presst uns in die Sportsitze und springt innerhalb von Augenblicken von Tempo 100 auf 140. Auf Landstraßen bereiten uns die beiden Sport-Modi in Verbindung mit eingeschränktem ESP viel Spaß. Jeder Gangwechsel wird von Zwischengas untermalt, mit etwas fahrerischem Können lässt sich der Mercedes quer durch die Kurven treiben. Allerdings spürt man hier das mit 1.840 Kilogramm recht hohe Gewicht. Die Höchstgeschwindigkeit wird bei 250 km/h abgeregelt, auf Wunsch bietet AMG aber auch Tempo 300 in Verbindung mit einem Fahrtraining an. Ein Fall für Besserverdienende In Sachen Verbrauch haben 525 PS naturgemäß ihren Preis: Die offizielle Werksangabe liegt bei 12,6 Liter auf 100 Kilometer, doch realistischer sind Werte ab 13 Liter aufwärts. Immerhin hat man durch diverse Maßnahmen wie Rekuperation der Bremsenergie den Durst im Vergleich zum Vorgänger um 1,7 Liter drücken können. Auf einer besonderen Sparrunde erreichen wir sogar 9,8 Liter, allerdings mit viel Dahingleiten im Leerlauf. Soviel steht fest: Wer sparen möchte, ist im E 63 AMG definitiv fehl am Platz. Negativ: Serienmäßig ist nur ein 66-Liter-Tank, erst auf Wunsch bekommt der Kunde ein 80 Liter fassendes Reservoir. Preislich sind für das ab August 2009 erhältliche neue Topmodell der E-Klasse 105.791 Euro zu investieren, nach oben hin ist beinahe jeder Wunsch realisierbar. Wo steht die Konkurrenz? Die Audi RS6 Limousine mit 580 PS und Allradantrieb kostet 107.200 Euro, einen BMW M5 mit 507 PS gibt es schon für 94.700 Euro.
Technische Daten
Antrieb:Heck
Anzahl Gänge:7
Getriebe:Automatik
Motor Bauart:Benziner in V-Form
Hubraum:6.208
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:8
Leistung:386 kW (525 PS) bei UPM
Drehmoment:630 Nm bei 5.200 UPM
Preis
Neupreis: 105.791 € (Stand: Juli 2009)
Fazit
Der neue Mercedes E 63 AMG überrascht mit seiner Vielseitigkeit: Man kann mit der Limousine gemütlich zum Einkaufen fahren oder es auf der Rennstrecke richtig glühen lassen. Allerdings reicht für den Alltag auch ein Mercedes E 500. Er ist mit 5,2 Sekunden auf Tempo 100 nicht sehr viel langsamer, dafür aber komfortabler und mit 67.532 Euro viel billiger. Zum Differenzbetrag gibt es das AMG-Sportpaket für die E-Klasse und einen kleinen Sportflitzer. Einen Nachteil hat der E 63 AMG nämlich: Die Kraft verführt zum Rasen statt zum Reisen.
Testwertung
4.5 von 5

Quelle: auto-news, 2009-07-06

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